Güterwagen-Drehgestelle: Y 25 - Decauville
Version 1.03.96.1, Stand (Inhalt): 17. Janaur 2016

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verwandtes Thema: Güterwagen-Drehgestelle: Dreiachsige - Y 25


Kennzeichen der Y 25-Drehgestelle sind die in Haltern geführten, schraubengefederten Radsätze, wobei je Radsatz mindestens vier Schraubenfedern auf seitlichen Konsolen an den Radsatz-Lagergehäusen stehen und den Radsatz gegenüber dem Drehgestellrahmen abfedern.

Einen interessanten Beitrag zur Entwicklungsgeschichte dieses Laufwerkkonzeptes bietet der 1913 zusammengestellte "General Katalogue No. 850" von "Orenstein & Koppel - Arthur Koppel (amalgamated)". Orenstein & Koppel ist aus einem Unternehmen für Feld- und Kleinbahnbedarf hervorgegangen und hat sich schon vor dem Ersten Weltkrieg zu einem namhaften Lieferant für Spezialfahrzeuge und Eimerkettenbagger mit mehreren Werken in Deutschland, und mit Niederlassungen in Russland, Polen, Belgien, Böhmen sowie in den USA entwickelt. Ein Exemplar dieses Kataloges befindet sich in der Sammlung Klaus Holl. Klaus Holl hat damit vor einigen Jahren (ca. 2010) einen Nachdruck ermöglicht, der von der Firma EMH Bude, Buschhoven (www.emh-bude.de) verantwortet und vertrieben worden ist, mittlerweile aber wohl allenfalls noch von Klaus Holl direkt erhältlich ist (http://www.asoa.de/o+k-1913-reprint.htm). Ich danke Klaus Holl auch an dieser Stelle nochmals herzlich, dass er die Nutzung der nachstenden Abbildungen an dieser Stelle erlaubt hat.

Als Erfinder der Feldbahn gilt Paul Decauville. Decauville hat 1875 ein System von leichten, tragbaren Gleisen für seinen landwirtschaftlichen Betrieb entwickelt und darauf eine industrielle Produktion, die auch Lokomotiven und Waggons umfasste, in Corbeil aufgebaut. Als 1881 eine französische Gesellschaft mit dem Bau des Panama-Kanals begann, lieferte Decauville zumindest Teile des dafür benötigten Eisenbahnmaterials, später war Decauville auch beim Aufbau mexikanischer Schmalspurbahnen involviert. Das Feldbahnkonzept wurde in der Folgezeit von anderen auch ausländischen Anbietern (wie hier etwa Orenstein & Koppel) übernommen oder kopiert. In der englischsprachigen Welt hat sich für das ursprüngliche Laufwerk, für die Bauweise der Achslagergehäuse der Begriff "Panama axleboxes" (Panama Laufwerk") etabliert.

 
 Standard Schmalspur Loren-Untergestelle, rechts in Ausführung als (potentielles) "Drehgestell" mit Querträger und Aufnahme für einen Drehzapfen

 Quelle: Abb. 13600, 136001, General Katalogue No. 850, Seite 48; Sammlung Klaus Holl, Nachdruck EMB Bude

Das klassische Loren-Untergestell ist genial einfach: Zwei in  Form gebogene U-Profile, zwei Radsätze, vier Achslager, ein paar Nieten, ein paar Bolzen, Muttern, Knotenbleche, zwei Haken, zwei Kupplungsbügel. Die Bezeichnung "Standard" sollte jedoch nicht so wie heute verstanden werden, wo mit "Standard" auch festgelegte Abmessungen gemeint gemeint sind. Ferner ist zu berücksichtigen, dass es sich hier um relativ "moderne" Ausführungen handelt. Ältere Ausführungen waren kleinteiliger und somit aufwändiger in der Herstellung. 
Auch die Achslager gab es in noch einfacheren, "ungeschmierten" Ausführungen. Von Anfang an aber gab es wohl diese direkte Verbindung (Verschraubung) zwischen Rahmen und "Achslagern". Gegossene Achslagergehäuse hatten dazu seitliche Konsolen.

  Standard Panama Außen-Achslagergehäuse

  Quelle: Abb. 11415, 11411, General Katalogue No. 850, Seite 43; Sammlung Klaus Holl, Nachdruck EMB Bude

Gegossenene Achslagergehäuse finden sich bereits unter Decauville-Loren aus den späten 1880er Jahren. Im unteren Teil befindet sich ein Schwamm, der mit Öl getränkt wird. Im oberen Teil befindet sich eine Lagerschale, die bei Verschleiß erneuert werden kann, und die Einfüllöffnung für das Schmieröl. Charakteristisch für das Panama-Achslager sind die Konsolen am Oberteil, an denen das Achslager mit dem Rahmen verschraubt werden kann.


  Zweiseitig schraubengefederte Gleitachslager-Gehäuse, links mit Führungsbolzen, rechts mit Achshaltern

  Quelle: Abb. 10272, 13597a, General Katalogue No. 850, Seite 45; Sammlung Klaus Holl, Nachdruck EMB Bude

Der nächste Schritt war, auf die Bolzen, die das Panama-Achslager mit dem Unterstell verbunden haben, und zwischen Konsolen am Achslagergehäuse und Rahmen Schraubenfedern aufzusetzen. Da die Führungskräfte der Bolzen begrenzt waren, wurden in einem weiteren Entwicklungsschritt die Funktionen "Federung" und "Achsführung" getrennt und Achshalterbleche zur Achsführung eingefügt. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass Orenstein & Koppel auch an dieser Ausführung keine "Urheberrechte" erkennen lässt.
(Die in der Legende angesprochene Reduktion der Ladehöhe bezieht sich auf Laufwerke, bei denen das Achslagergehäuse mit einer einzelnen, direkt auf dem Achslagergehäuse aufsitzenden Feder, vgl. Fox-Drehgestell, gefedert ist.)


  Loren-Laufwerk mit beidseitig schraubengefedertem, bolzengeführtem Achslagergehäuse

  Quelle: Abb. 13654, General Katalogue No. 850, Seite 123; Sammlung Klaus Holl, Nachdruck EMB Bude

Dieses Laufwerk entspricht im Prinzip der vorstehend gezeigten Abb. 10272, allerdings nicht mit Gleitachslager sondern mit "Orenstein"-Rollenlager (vgl. Abb. 9265, S. 44, OKAK-Kaltog 850, hier nicht abgebildet). Die rechts neben den Achsen erkennbaren Bauteile gehören zur Handbrems-Einrichtung.
(
Die Bezeichnung "Kitchen Truck" darf wohl nicht mit "Küchenwagen" übersetzt werden. Wohl eher handelt es hier mit einem "Thermos-Wagen", mit dem in einer Zentralküche vorbereitete Mahlzeiten in Menagen <"Henkelmann", "Döppen", "Düppe", "Gamelle"> an entfernt liegende Arbeitsstätten gebracht worden sind.)


  Loren-Laufwerk mit beiseitig schraubengefederten, in Achshaltern geführten Achsen (Gleitachslager)

  Quelle: Abb. 8363, General Katalogue No. 850, Seite 55; Sammlung Klaus Holl, Nachdruck EMB Bude

Dieses Laufwerk entspricht im Prinzip der vorstehend gezeigten Abb. 13597a, allerdings weisen die Gleitachslager-Gehäuse hier breitere und tiefer angesetzte seitliche Konsolen auf. Die rechts neben den Achsen erkennbaren Bauteile gehören zur Handbrems-Einrichtung.
Beachtenswert erscheint die Bauform des Wagenuntergestells: Es besteht aus offensichtlich einem aus in Form gebrachten U-Profil, einem Kopfquerträger und einem vorgeschuhten lorentypischen Kopfstück am Handbremsende. Rahmenmittig ist hier bereits ein Hilfsquerträger erkennbar. Mit Sicherheit ist dieser Wagentyp auch ohne Handbremse gebaut worden.


  Zweiachsiges Laufwerk mit beidseitig schraubengefederten, in Achshaltern geführten Achsen (Gleitachslager)

  Quelle: Abb. 7403, General Katalogue No. 850, Seite 105; Sammlung Klaus Holl, Nachdruck EMB Bude

Dieses Beispiel belegt die Verwendung solcher Laufwerke auch bei zweiachsigen Wagen mit kastenförmigem Untergestell.



  Drehgestelle mit beidseitig schraubengefederten, in Achshaltern geführten Achsen (Gleitachslager), ein, von der Bühne aus mit Handrad bremsbares Drehgestell

  Quelle: Abb. 13630, General Katalogue No. 850, Seite 127; Sammlung Klaus Holl, Nachdruck EMB Bude 

Die Drehgestellrahmen wirken trotz ihren kastenförmigen Bauweise wie Lorenlaufwerke.

Laut Wikipedia waren 1910 (Beginn der Revolution) in Mexiko etwa 20 000 Eisenbahn-Kilometer in Betrieb, ein Viertel davon als Schmalspurstrecken mit 3 Fuß (914 mm) Spurweite: "
Während der Revolution spielten die Bahnstrecken für den Erfolg der verschiedenen Feldzüge eine große Rolle, Züge dienten oftmals sogar als rollende Hauptquartiere." Belegt ist, dass Decauville nicht unbedeutet am Aufbau der mexikanischen Schmalspurbahnen beteiligt gewesen ist.


  Drehgestelle mit beidseitig schraubengefederten, in Achshaltern geführten Achsen (Gleitachslager), beide Drehgestell von den Bühne aus mit Handrädern bremsbar

  Quelle: Abb. 11032a, General Katalogue No. 850, Seite 130; Sammlung Klaus Holl, Nachdruck EMB Bude 

Die beiden vorstehend gezeigten, für das mexikanische Militär gebauten Drehgestellwagen weisen zahlreiche konstruktive Gemeinsamkeiten auf. Die unterschiedliche Ausführung der Wagenanschriften könnte jedoch ein Hinweis darauf sein, dass verschiedene Aufträge zugrunde gelegen haben.


  "Bogie Sugar Cane Wagon  with steel platform. Centre spring buffers are fitted to the main frame, screw brake acting on all 8 wheels, suitable for locomotive traction.
   Carrying capacity 4 to 7 tons. Gauge 2 ft. to metre."


 
  Quelle: Abb. 7929 b, 
General Katalogue No. 850, Seite 86; Sammlung Klaus Holl, Nachdruck EMB Bude (Stahlstich)

In diesem Stahlstich sind zahlreiche konstruktive Details des Wagens und der Drehgestelle zu erkennen. Auch die Ausführung der Handbremse ist gut zu erkennen und weist viele Gemeinsamkeiten mit den vorstehend gezeigten, nach Mexiko gelieferten Wagen auf. Aber alle Spekulationen über den Auftraggeber und den Einsatzort dieses Wagens sind müßig, sicher ist nur, dass dieser Wagen wie alle anderen hier gezeigten, von Orenstein & Koppel gebaut worden ist.


  Drehgestelle mit beidseitig schraubengefederten, in Achshaltern geführten Achsen (Gleitachslager), ein, von der Bühne aus mit Handkurbel bremsbares Drehgestell

  Quelle: Abb. 13629, General Katalogue No. 850, Seite 120; Sammlung Klaus Holl, Nachdruck EMB Bude 

Auch wenn die Abbildungsnummer unmittelbar vor der des gedeckten Vierachsers für das mexikanische Militär kommt, dürfte dieser Wagen für eine andere Bahn gebaut worden sein: Die Drehgestelle haben keine Kopfquerträger, die Achslager haben eine andere Bauform, ebenso wie die Aufstiege zur Bremserbühne und die Bedienarmatur der Handbremse (Kurbel statt Handrad).


  "Bogie Platform Wagon entirely built of steel, fitted with sid sockets an short stanchions, screw brake, spring centre buffers, suitable for locomotive traction. Carrying capacity 4 - 8 tons.
  Gauge 2 ft to metre."  -
  "4 achsiger Plateuwagen mit abnehmbaren Rungen für schweren Hüttenbetrieb
  Ladegewicht 15 Tonnen, Bodenfläche 15 qm, Spur 700 mm, Bremsausrüstung: Sprindelbremse auf einen Truck wirkend
  Der Wagen ist vollkommen mit starkem Riffelblech abgedeckt. Geliefert für die Hüttenbahn der 
Gruben St. Paul und Pauline in Rombach, Lothringen"

  
Quelle: Abb. 7748 a, General Katalogue No. 850, Seite75; Sammlung Klausl Holl, Nachdruck EMB Bude (Stahlstich), Legende unten:
  Abb.
V 7748, Katalog Nr. 709, Specialkatalog für Klein- und Straßenbahnen, Abteilung: Wagen; Arthur Koppel, Berlin - Bochum; Nachdruck Röhr 1983 

Auch hier haben die Drehgestelle keine (durchgehenden) Kopfquerträger - und das obwohl die Bremsklotzschuhe außen aufgehängt sind. Bei der Abbildung V 7748, abgedruckt im Katalog Nr. 709 handelt es sich um ein Foto des offensichtlich gleichen Wagens.


  "Fortress Car for the transport of heavy guns. Carrying capacity 35 tons.

  Quellen: Abb. 13279, 
General Katalogue No. 850; Sammlung Klaus Holl, Nachdruck EMB Bude

Man kann wohl gar nicht alle Fragen aufführen, die einem zu dieser Abbildung, zu diesem Wagen einfallen. Die Drehgestelle machen auf jeden Fall einen sehr massiven Eindruck, auch durch die Verbindungsstangen zwischen den Achshaltern. Bei den äußeren Drehgestellen wirkt die bodenbedienbare Feststellbremse von innen auf die Laufflächen der Räder.


Quellen:
Harter, Jim: World Railways of the Nineteenth Century. World Railways of the Nineteenth Century: A Pictorial History in Victorian Engravings. Johns Hopkins University Press, Baltimore, 2005
Koppel, Arthur: Spezialkatalog für Klein-und Strassenbahnen: Abt. Wagen. Katalog-Nr. 709 (= Nachdruck Röhr, Krefeld, 1983)
Orenstein & Koppel  - Arthur Koppel Ltd. (Amalgated), London: General Catalogue No. 850 (ca. 1913,
Privat-Nachdruck, Vertrieb: EMH Bude GmbH, Buschhoven, 2009)

Internetseiten:
Wikipedia
http://www.panamarailroad.org/canal.html (Informationen zu den am Bau des Panama-Kanals eingesetzen Bahnen, englisch)

http://www.wiseacres.co.uk/rlr/pearn.htm (Seite über privates Feldbahnmuseum in Großbrittanien mit Hinweis auf Decauville-Wagen mit Panama-Achslagern, englisch)

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