Güterwagen-Drehgestelle: Y 25 -  Y 27 "Mukran"

Version 2.02.96.1, Stand (Inhalt): 20. Septbember 2014

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verwandtes Thema: Güterwagen-Drehgestelle: Dreiachsige - Y 25

Vorbemerkungen - DR Dok.-Nr. 8661/DB BA 861 - DR Dok.-Nr. 8669/DB BA 869 - DR Dok Nr. 8677/DB BA 877 - Dok.-Nr. 8682/BA 882 - Dok.-Nr. 8685/BA 885 - Zu BA 877/882/885: Seitliche Wagenuntergestell-Abstützung - Y 27 Breitspur-Drehgestelle, ungebremst, für Hilfszugwagen Breitspur, Aufenthaltswagen - Richtlinien den Einsatz der Umsetzdrehgestelle
 

Vorbemerkungen
1. Die nachfolgenden Darstellungen basieren zum einen auf angegebenen Quellen, auf Fotos von Bengt Dahlberg, Valentin Funk, Per Topp Nielsen, Robert Volland und Matthias Palmer, sowie auf einer Reihe von Diskusssions-Beiträgen im Güterwagen-Forum. Leider waren von der Deutschen Bahn keine weiterführenden Informationen zu diesem Drehgestellen zu erhalten. Trotz intensiver Recherchen konnten eine Vielzahl von Fragen bislang nicht geklärt werden. Die Darstellungen geben daher meinen derzeitigen, lückenhaften und in Teilen sicher korrekturbedürftigen Kenntnisstand wieder. Entsprechende Hinweise werden freundlich erbeten.

2. Vor dem Hintergrund systemkritischer Entwicklungen unter anderem in Polen suchten zu Beginn der 1980er Jahre die Sowjetunion und die DDR nach einer direkten Eisenbahnverbindung, die vor allem die Versorgung der sowjetischen Militäreinrichtungen in der DDR auch im Krisenfall sicherstellen sollte.
Diese Überlegungen führten zum Aufbau einer breitspurigen Eisenbahn-Fährverbindung zwischen Klaipeda und Mukran (Sassnitz/Rügen). Im Endausbau sollten auf der am 2. Oktober 1986 eröffneten Linie sechs breitspurige Eisenbahn-Fährschiffe mit einer Kapazität von jeweils 105 Wagen eingesetzt werden. Für die Be- und Entladung der Fähren waren jeweils 4 Stunden (gesamte Liegezeit 8 Stunden) vorgesehen, für die Überfahrt 20 Stunden. Daraus ergibt sich rechnerisch ein geplantes Wagenaufkommen von rund 300 eingehenden und 300 ausgehenden Wagen pro Tag. Um den Bedarf an Kuppelwagen in Grenzen zu halten, sollte die Mehrzahl der eingehenden Wagen nicht umgespurt oder umgesetzt, sondern umgeladen werden. Dadurch kam es anfangs immer wieder zu Engpässen, die schließlich durch die Beschaffung weiterer Kuppelwagen und Umsetzdrehgestelle behoben werden konnten.
Durch die Wende und nach dem Abzug der russischen Truppen verlor die Fährverbindung erheblich an Bedeutung. Die Bestellung des sechsten Fährschiffes wurde noch 1990 storniert, im Jahr 2005 wurden mit der umgebauten und einmal wöchentlich verkehrenden Fähre Vilnius nur noch rund 7000 Güterwagen trajektiert. In den letzten Jahren gelang es den Betreibern, das Frachtaufkommen wieder so zu steigern, dass ab Juli 2010 die Fähre dreimal wöchentlich verkehren soll. Bei einer Kapazität von 85 Drehgestellwagen ergibt sich rechnerisch ein maximales Wagenaufkommen von je 255 ein- und ausgehenden Wageneinheiten pro Woche, das entspricht rund 6 % der ursprünglich geplanten Kapazität.
(Quellen: Fährverbindung Mukran - Klaipeda/Wikipedia; Henke, Andreas: Fähr-Geschichten 2: Sassnitz/Mukran - das neue Tor nach Skandinavien und ins Baltikum <http://home.arcor.de/bahnwaerter/bahnthema/mukranfaere.html, Stand: 26. Mai 2010>; DB Schenker: Alternative Verkehrswege Richtung Nord-Europa, Russland und GUS <http://www.rail.dbschenker.de/site/railion/de/leistungsspektrum/faehrhafen/faehrhafen.html, Stand: 11. März 2010>; Knut Ochdorf: Persönliche Mitteilungen)

Dem vorstehend beschiebenen Konzept der Fährverbindung gemäß ließ die Deutsche Reichsbahn im RAW "Einheit" Leipzig (-Engelsdorf) Umsetz-Drehgestelle auf der Basis des Y 27 entwickeln. Bis 31. Dezember 1990 wurden nach einer werksinternen Aufstellung insgesamt 1356 Umsetzdrehgestelle in drei Bauarten (Dok.-Nr. 8661, Dok.-Nr. 8669, Dok.-Nr. 8677) gebaut. Durch Umbau vorhandener Drehgestelle entstand ab 1992 eine weitere Serienbauart, Dok.-Nr. 8682 (Dok.-Nr. 8685/BA 885 = Muster-Umbauten).

1. DR Dok.-Nr. 8661/DB BA 861
In den mir vorliegenden DR- und DB-Unterlagen finden sich zu dieser ersten "Mukran"-Bauart lediglich der lapidare Hinweis "ohne Wiegeventil" beziehungsweise "„ohne lastabhängige Bremse“. Weitere Hinweise auf die Bremsausrüstung (beispielsweise auf eine bodenbedienbare Feststellbremse) und andere Angaben zu diesen Drehgestellen (Ausführung der seitlichen Wagenuntergstell-Abstützung, Funkenschutzbleche, erstes Baujahr) liegen bislang nicht vor.

  "Mukran"-Umsetzdrehgestell, Dok.-Nr. 8661/BA 861
 - mit Umstellvorrichtung für die seitliche Wagenkastenabstützung
 - ohne Wiegeventil, ohne Feststellbremse,
 - ohne (klappbare) Funkenschutzbleche  

  Quelle: Werfoto RAW Leipzig Engelsdorf/Bearb. Güterwagen-Drehgestelle


Möglicherweise wurden diese Drehgestelle zwischen 1992 und 1995/96 umgebaut (-> BA 877?, BA 885, 882), 1994 könnten mindestens noch einige Exemplare dieser Drehgestelle vorhanden gewesen sein. Im Jahr 2000 war diese Bauart im Verzeichnis der DBAG nicht mehr enthalten.

2. DR Dok.-Nr. 8669/DB BA 869
Zu dieser zweiten "Mukran"-Bauart finden sich in den obenerwähnten Verzeichnissen die ähnlich knapp gehaltenen Hinweise "mit Wiegeventil" beziehungsweise "„mit lastabhängiger Bremse“, aber auch kein Vermerke über eine wenigstens bei einem Teil der Drehgestelle vorhandene Feststellbremse, über Funkenschutzeinrichtungen und über die Ausführung der seitlichen Wagenuntergestell-Abstützung.

Zwischen 1992 und 1998/99 wurden diese Drehgestelle umgebaut, im Jahr 2000 war diese Bauart im Verzeichnis der DBAG nicht mehr enthalten.
Die von Matthias Palmer notierten Angaben zum Drehgestell mit der Kennung "DB 5 0421-7 A" belegen, dass die Drehgestelle der Dok.-Nr. 8699 nicht nur (wie in der DS 939 05 vermerkt) zu Drehgestellen der Dok.-Nrn. 8685/8682, BAen 885/882 umgebaut wurden, sondern auch zu Drehgestellen der BA 877 (Dok.-Nr. 8677).

3. DR Dok Nr. 8677/DB BA 877
Gemäß DR-Unterlagen handelt es sich bei dieser dritten "Mukran"-Bauart um einen Nachbau (ab Baujahr ? neue Dok Nr./BA begründende Unterschiede?) der Drehgestelle nach Dok Nr. 8669 ("mit Wiegeventil"). Im DB Modul 984 03 (gültig ab 1. 10. 1995) ist die daraus hervorgegangen DB Bauart als „mit fester Ansteuerung und automatischer Lastabbremsung“ beschrieben. Diese Drehgestelle stehen bis heute im Einsatz.
 
  "Mukran"-Umsetzdrehgestell, BA 877, Skizze (Seitenansicht, Stirnansicht, Draufsicht)
  beachte: Klotzbremse (rot), Funkenschutzbleche, klappbar (grün), seitliche Abstützungen (Draufsicht, Stirnansicht <Stellvorrichtung> orange),
  feste Andrückplatte für  Wiegeventil-Ansteuerung (blau),
Bremsfangeisen (hellblau), äußere Radsatzhalter,
  einfache Ausführung (ohne Wiegeventil, nur Draufsicht,
gelb)

  Grafik: Güterwagen-Drehgestelle auf der Basis der DS 939 05, Seite 657, Stand B 34, DBAG

Die Drehgestelle der Dok.-Nr. 8677/BA 877 sind mit einer Klotzbremse ausgestattet, der Hinweis auf eine Radscheibenbremse (s. DS 939 05, Seite 658, Stand B 34) konnte nicht verifiziert werden. Keines dieser Drehgestelle ist mit einer bodenbedienbaren Feststellbremse ausgestattet.
 
  "Mukran"-Umsetzdrehgestell, BA 877
  beachte:  (1) Klotzbremse, (2) klappbare Funkenschutzbleche, (3) federnde Lagerung der seitlichen Abstützungen,
  (4) Stellvorrichtung für seitliche Abstützung mit Verriegelungshebel
Anschriften im Drehgestell:  (5) Signet für Funkenschutzbleche,
  (6) Bremsgewichtsangabe, (7)
 Drehgestell-Kennung "DB5 0458-9 A", (8) Revisionsanschriften

  Fotos: Valentin Funk, Mukran 2007

Klappbare Funkenschutzbleche
Funkenschutzbleche wurden nach der verheerenden Explosion eines Munitionstransportwagens am 22. Juli 1969 im Bahnhof Hannover Linden für Gefahrgutwagen vorgeschrieben. Bei normalspurigen Drehgestellwagen sind diese Funkenschutzbleche in das Wagenuntergestell integriert. Da russische Drehgestell-Kesselwagen keine Funkenschutzbleche im Wagenuntergestell haben, wurden mindestens die Umsetzdrehgestelle der Bauarten 877, 882 und 885 mit entsprechenden Einrichtungen ausgestattet werden. Das diese Drehgestelle in Mukran in Stapel-Gestellen zwischengelagert werden können, sind die Funkenschutzbleche klappbar angebracht.
Unklar ist bislang, ob auch die Drehgestelle der Dok.-Nr. 8661 (BA 861) und 8669 (BA 869) mit klappbaren Funkenschutzblechen ausgestattet waren.
 
  "Mukran"-Umsetzdrehgestell, BA 877
  beachte: Klotzbremse, klappbare Funkenschutzbleche in Fahrstellung, im rechten Foto: 
  (1) Verbindungsstange zwischen Bremsgestänge im Drehgestell, (2) "russisches" Wiegeventil, angebracht  am Wagenuntergestell,
  und "feste Andrückplatte" im Drehgestell

  Drehgestell-Kennung: DB5 0421-7 A, ex Dok.-Nr. 8669, Umbau: 12.92, Eberswalde
  Foto: Matthias Palmer, Bitterfeld, 31. Juli 2010

"Russisches" Wiegeventil
Mindestens ein Teil der russischen Drehgestellwagen ist seit spätestens Anfang der 1970er Jahre mit einem am Wagenuntergestell, zwischen Bremsventil und Bremszylinder angeordneten Wiegeventil ausgerüstet. Dieses Wiegeventil wird über eine Andrückplatte im Drehgestell angesteuert. Bei russischen Three Piece Bogies (TPB) befindet sich diese Andrückplatte an einer der beiden Seitenwangen. Im beladenen Zustand werden die Federn zwischen Seitenwangen und Drehpfannenträger (Querträger, "Bolster") zusammengedrückt. Dadurch verringert sich der Abstand zwischen Andrückplatte und Stößel des Wiegeventils, so dass durch das Wiegeventil automatischer der Lastwechsel (beladen/leer) erfolgt (und - im entladenen Zustand - umgekehrt).
Bei den auf Y 27-Drehgestellen basierenden Mukran-Umsetzdrehgestellen ist der Abstand zwischen Seitenwangen und Hauptquerträger nicht variabel, eine Höhendifferenz zwischen leerem und beladenem Zustand ergibt sich hier zwischen Drehgestell-Rahmen und Radsatzlager-Gehäuse. Die bei den "Mukran"-Umsetzdrehgestellen am Hauptquerträger angebrachte Andrückplatte signalisiert dem Wiegeventil daher immer den Zustand "beladen". Über das wagenseitige Wiegeventil ist also kein Lastwechsel mehr möglich.
 
 "Mukran"-Umsetzdrehgestell,  BA 877
  beachte: (1) feste Andrückplatte im Drehgestell mit Korrosionen im Kontaktbereich zum "russischen" Wiegeventil am Wagenuntergestell,
  (2) "russische" Drehpfanne (flach, mit Dorn), (3) Elemente der 
seitlichen Abstützung, (4) Stellvorrichtung für seitliche Abstützung
  (5) Schutzhaube zur Abdeckung der 
Drehpfanne bei Zwischenlagerung des Drehgestells, (6) Spuren eines schweißtechnisch abgebrannten 
  Bauteiles (Umbau Dok.-Nr 8669 -> 8677?)

  Drehgestell-Kennung: DB5 0125-4 A, Revisionsanschrift: 6/REV/Ebw/26. 6. 92
  Foto: Bengt Dahlberg, Sassnitz Fährhafen, 2001

Russische Drehpfanne
Die Drehpfanne russischer Wagen ist mit Drehpfannen nach UIC-Norm nicht kompatibel: sie weist einen nahezu flachen Drehpfannenboden auf, außerdem sitzt der Drehzapfen dornartig in der unteren Drehpfanne.

4. Dok.-Nr. 8682/BA 882 - Dok.-Nr. 8685/BA 885
Die Drehgestelle der Dok.-Nr. 8682/BA 882 entstanden durch Umbau aus Drehgestellen der Dok.-Nrn. 8661/8669/BAen 861/869, nach dem zunächst Muster-Drehgestelle umgebaut und als Dok.-Nr. 8685/BA 885 registriert wurden. Nach bisher vorliegenden Informationen haben diese Umbauten nach 1992 begonnen und wurden wohl erst 1998/99 abgeschlossen.

Die Drehgestelle der BA 882 (Dok.-Nr. 8682) weisen a priori die selben Merkmale wie die Drehgestelle der Dok.-Nr. 8677/BA 877auf: Klotzbremse, feste Andrückplatte, klappenbare Funkenschutzbleche, federnd gelagerte, höhenverstellbare seitliche Wagenuntergestell-Abstützung und - selbstverständlich - russische Drehpfanne.

Im Zuge des Umbaues wurden diese Drehgestelle zusätzlich mit Radscheibenbremsen, teils handbetätigten, teils automatischen Lastwechsel und teils mit in das Drehgestell integrierten bodenbedienbare Feststellbremsen ausgerüstet. Insgesamt entstanden somit vier Varianten, die im Betriebseinsatz unter "Bauform 6" laufen (Variante 1: mit handbetägtigtem Lastwechsel, Variante 2: mit handbetägtigtem Lastwechsel und Feststellbremse, Variante 3: mit automatischem Lastwechsel, Variante 4: mit automatischem Lastwechsel und Feststellbremse.)
 
  "Mukran"-Umsetzdrehgestell, BA 882, Skizzen, beachte: 
  a) bodenbedienbare Feststellbremse (grün, Gestänge nur teilweise eingefärbt)
  b) Klotzbremse (gelb), Radscheibenbremse (orange - Gestänge nicht eingefärbt)
  c) Radsatzhalter, einfache Ausführung (ohne Wiegeventil, hellblau), 
  ->  d) handbetätigter Lastwechsel (blau, Gestänge nicht eingefärbt.),
  e) Radsatzhalter mit Wiegeventil, Abdeckblech, Gestänge (rot)
  ->  f) Anschriftentafel "Automatischer Lastwechsel" (rosa, nur auf einer Seite des Drehgestells)
  (Funkenschutzbleche, seitliche Abstützungen, Andrückplatte: nicht eingefärbt, s. Skizze BA 877)

  Grafik: Güterwagen-Drehgestelle auf der Basis der DS 939 05, Seite 661, Stand B 34, DBAG

Feststellbremse
Bodenbedienbare Feststellbremsen gibt es nur bei einem Teil der Drehgestelle der Dok.-Nr. 8682/BA 882 (bzw. den Musterdrehgestellen nach Dok.-Nr. 8685/BA 885, nicht bei Drehgestellen der Dok.-Nr. 8677/BA 877). Werden Breitspurwagen auf Drehgestelle mit bodenbedienbarer Feststellbremse umgesetzt, ist in der Regel nur eines der beiden Drehgestelle damit ausgestattet. Die Drehgestell-Feststellbremse wirkt ausschließlich auf die Bremse dieses Drehgestells. Sie ist von beiden Seiten mittels Handrad bedienbar.

Radscheibenbremse
Alle Drehgestelle der BA der Dok.-Nr. 8682/BA 882 sind - unabhängig vom Vorhandensein einer Feststellbremse - mit Klotz- und Radscheibenbremse ausgestattet. Daraus folgt, dass beide Bremsen über die Bremsanlage im Wagenuntergestell und das verbindende Bremsgestänge angesteuert werden.
Die Radscheibenbremse wirkt einseitig von innen auf beide Radsatzscheiben. Diese Ausführung ist sehr ungewöhnlich, da auf diese Weise im Prinzip die Radscheiben sukzessive nach außen gedrückt, sprich der Spurkranzabstand vergrößert wird.

Einrichtungen für den Lastwechsel in Drehgestellen Dok.-Nr, 8682/BA 882
1. Feste Andrückplatte/"russisches" Wiegeventil am Wagenuntergestell
  "Mukran"-Umsetzdrehgestell, BA 882, Variante 4 (automatischer Lastwechsel, Feststellbremse)
  beachte: (1) "russisches" Wiegeventil, Luftleitungen, beides angebracht am Wagenuntergestell, und "feste Andrückplatte" im Drehgestell, (2) Klotzbremse,
  (3) Radscheibenbremse (einseitig von innen auf 
beide Radscheiben wirkend), (4) bodenbedienbare Feststellbremse (Handrad, Gestänge),
  (5) Radsatzhalter,
einfache Ausführung (ohne Wiegeventil) , (6) kein handbetätigter Lastwechsel (-> automatischer Lastwechsel, Radsatzhalter mit
   Wiegeventil und Anschriften auf der gegenüberliegenden, dem Fotografen
 abgewandten Drehgestellseite)

  Drehgestell-Kennung: DB6 0485-0 A, RAW Leipzig 1987, Umbau 12.98, Leipzig
  Fotos: Matthias Palmer, Bitterfeld, 31. Juli 2010

Die Drehgestelle der Dok.-Nr. 8681/BA 882 weisen (wie die Drehgestelle der Dok.-Nr. 8677/BA 877) eine feste Andrückplatte für das "russische" (am Wagenuntergestell angebrachte) Wiegeventil auf. Wagenseitig ist die Bremsanlage damit immer auf den Zustand "beladen" eingestellt.

2. Handbetätigter Lastwechsel im Drehgestell
  "Mukran"-Umsetzdrehgestell, BA 882, Variante 1 (handbetätigter Lastwechsel, ohne Feststellbremse)
  beachte: handbetätigter Lastwechsel in beiden Drehgestellen, alle Radscheiben gebremst, alle 
  Radsatzhalter in einfacher Ausführung (ohne Wiegeventil)

  Foto: Robert Volland, Rostock, 9. April 2010

Robert Vollands Foto belegt, dass bei den Drehgestellen der Dok.-Nr. 8682/BA 882 in beiden Drehgestellen der Lastwechsel umgestellt werden muss. Das bedeutet, dass der Lastwechsel nur auf das Bremsgestänge im jeweiligen Drehgestell wirkt und keine Verbindung mit der Bremseinrichtung am Wagenuntergestell vorhanden ist. Daraus folgt, dass auch bei den Drehgestell-Varianten 3 und 4 (mit automatischem Lastwechsel, mit/ohne Feststellbremse) stets in beiden (!) Drehgestellen ein Wiegeventil vorhanden sein muss. Unklar ist, ob ein gemischter Einsatz von Drehgestellen mit handbetätigtem und automatischen Lastwechsel statthaft ist.

3. Automatischer Lastwechsel im Drehgestell
  "Mukran"-Umsetzdrehgestell, BA 882, Variante 4 (links, automatischer Lastwechsel, Feststellbremse)/
  Variante 3 (rechts, automatischer Lastwechsel, ohne Feststellbremse)
  beachte: (1) Luftleitungen "russisches" Wiegeventil, (2) Feststellbremse im Drehgestell (nur an einem, dem linken Drehgestell, beidseitig),
  (3) Radscheibenbremse, (4) Radsatzhalter, einfache Ausführung,
(5) Radsatzhalter mit Wiegeventil (mit Abdeckblech und Gestänge),
  (6) Anschriftentafel "Automatischer
 Lastwechsel" (nur einseitig am linken Drehgestell)

  Foto: Per Topp Nielsen, Hamburg 1995


 
  "Mukran"-Umsetzdrehgestell, BA 882, Variante 4 (automat.Lastwechsel, Feststellbremse/Ausschnitte)
  beachte: Radsatzhalter mit Wiegeventil, Abdeckblech (an einer Stirnseite des Langträgers, Stellgestänge (mit Führung, an der Außenseite des
  Langträgeres), alle Teile in der Grafik rot markiert

  Drehgestell-Kennung: DB6 04XX-X A
  Foto: Per Topp Nieseln, Hamburg 1995

Auch bei "Mukran"-Umsetzdrehgestellen BA 882, Var. 3 und 4 (mit autom. Lastwechsel) wird der Lastwechsel mechanisch eingestellt. In den entsprechenden Radsatzhaltern sitzt kein hydraulisches Wiegeventil - wie sonst bei Y 25-Drehgestellen mit automatischen Lastwechsel heute üblich -, dementsprechend finden sich dort auch keine Hydraulikleitungen und Verbindungsschläuche zu den wagenseitigen Bremsanlagen.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass jeweils nur ein Wiegeventil-Radsatzhalter pro Wagenseite vorhanden ist. Am anderen (rechten) Drehgestell deutet zunächst scheinbar nichts auf einen automatischen Lastwechsel hin. Liegt keine Gesamtansicht eines umgesetzten Breitspurwagens vor, erkennt man auf Fotos diese Drehgestelle als Drehgestelle mit automatischem Lastwechsel in erster Linie an den Radscheibenbremse und dem nicht vorhandenen handbetätigten Lastwechsel.
 
  "Mukran"-Umsetzdrehgestell, BA 882, Variante 3 (automat.Lastwechsel, ohne Feststellbremse)
  beachte: (1) Radsatzhalter mit Wiegeventil, (2) Gestänge und Hebel für den Lastwechsel

  Drehgestell-Kennung: DB6 0476-9 A, RAW Leipzig 1987, Umbau ?, Leipzig
  Fotos: Matthias Palmer, Bitterfeld, 31. Juli 2010

Sonderausführung Wiegeventil
  "Mukran"-Umsetzdrehgestell BA 885?
  beachte: abweichende Ausführung des Radsatzhalters mit Wiegeventil,
  fehlendes 
Abdeckblech, kein Gestänge

  Drehgestell-Kennung: DB6 0858-8 A. Bj. 1989
  Foto: Matthias Palmer, 15. Aug. 2009

Der Radsatzhalter mit Wiegeventil des von Matthias Palmer fotografierten Drehgestells unterscheidet sich deutlich von der sonst bei "Mukran"-Umsetzdrehgestellen üblichen Ausführung. Außerdem "fehlen" das Abdeckblech und das Stellgestänge. Möglicherweise handelt es sich bei diesem Drehgestell um ein Drehgestell der Dok.-Nr. 8685/885, die als Musterdrehgestelle umgebaut worden sind.

5. Zu BA 877/882/885: Seitliche Wagenuntergestell-Abstützung
Da die Radsätze in den Rahmen der Y25-/Y 27-Drehgestelle starr gelagert sind und daher praktisch keine Dämpfung der Längs- und Querschwingungen gegeben ist, sind für alle s-fähigen Y 25-/Y 27-Drehgestelle federnde Gleitstücke (siehe Y 25 - Federung) vorgeschrieben.

Das Untergestell russischer Drehgestellwagen stützt sich bei Einsatz auf breitspurigen Three Piece Bogies auf dem Drehpfannenträger (Querträger, "Bolster") ab. Durch die Federung zwischen Drehpfannenträger und Seitenwangen ist automatisch auch die Abfederung der seitlich Abstützung gegeben.
Demgegenüber ist bei den Y 27 "Mukran"-Drehgestellen der Hauptquerträger fest mit den Seitenwangen verbunden. Daher können bei diesen Drehgestellen von vorneherein nicht die konventionellen gefederten Gleitstücke verwendet werden, zumal deren Abstand zur Drehpfannenmitte (850 mm) nicht den Gegebenheiten russischer Drehgestellwagen (762 mm, siehe Skizze) entspricht.

Daraus ergibt sich, dass die "Mukran"-Umsetzdrehgestelle eine spezielle und relativ aufwändige Ausführung der seitlichen Wagenuntergestell-Abstützung erhalten mussten: Bei den "Mukran"-Umsetzdrehgestelle ist unter dem Hauptquerträger ein Wiegebalken aufgehängt, auf dem an den Stirnseiten jeweils eine Schraubenfeder aufliegt. Diese tragen (über vertikal im Hauptquerträger gelagerte) Stell- und Führungsstücke stempelartigen Träger. Darüberhinaus haben diese Drehgestell an den Stirnseiten des Hauptquerträgers eine Stellvorrichtung, bei der über eine Stellschraube und ein dadurch verstellbares Keilblech die Höhe der seitlichen Träger variiert werden kann. Diese Stellvorrichtung ist durch ein per Hebel anhebbares Sicherungsblech arretiert.
 
  "Mukran"-Umsetzdrehgestell, BA 877
  seitliche Abstützung, 
  Sicherung der Stellvorrichtung

  Foto: Matthias Palmer, 15. Aug. 2009

6. Y 27 Breitspur-Drehgestelle, ungebremst, für Hilfszugwagen Breitspur, Aufenthaltswagen
  "Mukran"-Umsetzdrehgestelle auf Basis Y 27,
  ohne Bremse, gelagert in Stapel-Gestellen,
  ohne einsatzerforderlichen Anschriften

  Dok Nr./BA unbekannt, Baujahr unbekannt

  Foto: Valentin Funk, Mukran 2007

Diese Drehgestelle gehörten aller Wahrscheinlichkeit nach zum Aufenthaltswagen 60 50 99-28 517-9 des Mukraner Breitspur-Hilfszuges. Dieser wurde erst 1990 diesem Hilfszug beigestellt. Zu einem nicht bekannten Zeitpunkt wurde der Wagen (event. der gesamte Hilfszug) wieder abgezogen und zurückgebaut, der Aufenthaltswagen soll als Reserve-Kranbegeleitwagen 60 80 99-01 534-9 weitergenutzt worden sein (siehe: Linberg, Thomas/www.bahndienstwagen-online.de: Die Standardhilfszüge der DR, http://www.bahndienstwagen-online.de/bahn/BDW/BDW/NOTFALL/standardhilfszug.html).

Als Basis für diesen Aufenthaltswagen diente ein DR Reisezugwagen der Gattung Bghw, die auf Reisezugwagen-Drehgestellen (hauptsächlich der Bauart Görlitz V) mit 2,5 m Achsstand liefen. Für den vorgesehenen Einsatz als Breitspur-Hilfszugwagen, mit nur mäßiger Geschwindigkeit und über kurze Entfernungen bedurfte es offensichtlich keiner breitspurigen Reisezugwagen-Drehgestelle. Auch auf eine Bremsausrüstung konnte unter diesen Einsatzbedingungen wohl verzichtet werden. Vermutlich wurden aus der laufenden Y 27- Serienproduktion zwei Rahmen leicht modifiziert (Weglassung aller Anschläge für Bremsbauteile) um Breitspur-Radsätze aufnehmen zu können.

Wenn dem so wäre, hätten wir hier eine Y 27-Ausführung in russischer Breitspur vor uns. Gleichwohl darf die Existenz dieser Ausführung nicht zu der Annahme verführen, so ein relativ einfach modifiziertes Drehgestell könnte den russischen Breitspur-TPBs Konkurrenz machen - im Gegenteil: Diese Drehgestelle sind eine Einfach-Variante, ohne Bremse, ohne leistungsfähige seitliche Abstützung, mit UIC-Drehpfanne - und somit von vorneherein nicht für den konventionellen Betrieb auf Breitspurstrecken geeignet.

7. Richtlinien den Einsatz der Umsetzdrehgestelle
Die wagen- und revisionstechnischen Vorgaben, in denen die "Mukran-Umsetzdrehgestelle" verzeichnet sind (DS 939 05, Modul 984 03, Güterwagen und Container instandhalten - Drehgestelle) enthalten keinerlei Aussagen über deren betriebliche Verwendung und Behandlung.
In der "Bremsvorschrift" (DBAG, RiLi 915.01, "Bremsen im Betrieb bedienen und prüfen") findet sich zwar ein Anhang mit ergänzenden Hinweisen zum Bedienen der Matrossow-Bremse in Güterzügen, der jedoch allenfalls in Teilen auf Breitspur-Güterwagen, die auf Umsetzdrehgestellen laufen, anwendbar ist. Es ist nicht nachvollziehbar, warum dort kein Hinweis auf die RiLi 718.0201,"Rangieren und Züge bilden; Umgeachste Breitspurgüterwagen SZD - Nachfolgebahnen behandeln") enthalten ist.
In dieser Richtilinie und ihren vorhergehenden Ausgaben finden sich unter anderem die wesentlichen Informationen über die betriebliche Behandlung der "Mukran-Umsetzdrehgestelle".

Besonders bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen zu den Anschriften an den Drehgestellen.
a) Bauart (Bauform), Nummer, Selbstkontrollziffer, <Drehgestellkategorie> (Muster: DB5 0458-9 A)
aa) Die Bauart ist nicht in Form der Bauartnummer sondern mit einer Bauform-Nummer angeschrieben. Dabei entspricht die Bauform 5 der Bauart 877 (mit Klotzbremse), die Bauform 6 den Bauarten 882 und 885 (mit Radscheiben- und Klotzbremse und automatischen/handbetätigtem Lastwechsel. Daraus lässt sich schließen, dass es weitere Bauformen (1 bis 4) gegeben haben muss, die den Drehgestellen der Dok.-Nr. 8661 und 8669 (BAen 861, 869) zugeordnet waren. Allerdings ist mir bislang nicht klar, welche Merkmale diesen vier älteren Bauformen zugeordnet waren.
ab) Die Drehgestell-Nummer entspricht der Fabriknummer des Herstellers, RAW "Einheit" Leipzig. Diese Nummer wurde auch bei den umgebauten Drehgestellen beibehalten.
ac) Die Selbstkontrollziffer errechnet sich durch Multiplikation der einzelnen Ziffern, mit den Faktoren "2" (beginnend) und "1", der sich daraus ergebenden Quersumme und der Ergänzung zum nächsten Zehner. ( Beispiel: "DB5 0458". Beginnend mit dem Faktor 2 ergeben sich die Produkte 10, 0, 8, 5 und 16, die addiert die Quersumme 21 ergeben. Als Ergänzung zum nächsten Zehner fehlen 9 - die Selbstkontrollziffer.)
ad) Bei der Drehgestellkategorie (A - D) scheint es sich um ein Relikt aus früheren Jahren zu handeln, sie wird in in der aktuellen Richtlinie überhaupt nicht mehr erwähnt. Soweit aus bisherigen Befunden erkennbar, gehören alle Umsetzdrehgestelle der Kategorie A an. Die Bedeutung dieser Kategorien ist bislang nicht bekannt.
Die Anschriften aa) bis ad) finden sich auf beiden Seiten der Drehgestelle.

b) Bremsbauart
Bauform 5 (BA 877): M - G, Bauform 6 (BAen 882, 885): M - P
Die Anschriften finden sich auf beiden Seiten der Drehgestelle.

c) Bremsgewicht
Bauform 5 (BA 877): 32 t (beidseitig), Bauform 6 (BAen 882, 885, Varianten 3 und 4 mit automatischem Lastwechsel): 26 t/59 t/50 t (einseitig - bzw. nur auf dem linken der beiden Drehgestelle von einer Wagenseite aus erkennbar), Bauform 6 (BAen 882, 885, Varianten 1 und 2 mit handbetätigtem Lastwechsel): Bremsgewichtsangaben auf der Tafel der Umstellvorrichtung angegeben.

d) Bremsgewicht der Feststellbremse (soweit vorhanden, BAen 882, 885)
Diese Angaben sollte sich auf dem rechten Funkenschutzblech befinden, bestehend aus einem weiß umrandeten Symbol für die Feststellbremse und der rot umrandeten Gewichtsangabe "20 t".
Die Anschriften müssten sich auf beiden Seiten des Drehgestells finden, sind aber teilweise nicht vorhanden oder nicht gut erkennbar.

e) Anschrift für Funkenschutzbleche (BAen 877, 882, 885/Bauform 5 und 6))
Weißer Kreis, im oberen Teil flächig weiß ausgefüllt (beidseitig)

f) Anschrift für Radscheibenbremsen (BAen 882, 885, Bauform 6)
Weißes "D" in weißem Kreis (beidseitig)

g) Revisionsanschriften
Muster: "6 / REV / HRO / 19.10.06" (Frist in Jahren / "Revision" / Werkstatt-Kürzel / Datum der letzten Revision - beiseitig)

h) Bremsprüfraster
Bislang konnte kein derartiges Raster auf einem der Fotos dieser Umsetzdrehgestelle erkannt werden.

i) Zusätzliche Aufschriften auf den Funkenschutzblechen
Auf älteren Aufnahmen von Umsetzdrehgestellen der Bauform 6 ist teilweise eine weitere Aufschrift auf den Funkenschutzblechen zu erkennen. Dabei handelt es sich um die Aufforderung, "Schäden bitte sofort / NN Delitzsch / <Rufnummer> melden", die jedoch noch nicht ganz eindeutig entziffert werden konnte.

j) Weitere Anschriften und Angaben
ja) Radstand: -> 1,8 m <-
jb) Fabrikschild
jc) Dok.-Nr.-Schild (Dok.-Nr., event. frühere Vermerke von Revisionen)
jd) Revisionsschild mit Kennschildern (Nummern, Bauart/Bauform, Revisionsdaten)
 

Quellen:
diverse Internetseiten zum Suchbegriff "Mukran Klaipeda" (siehe oben)
Deutsche Bahn AG: Richtlinie 718.0201 - Rangieren und Züge bilden; Umgeachste Breitspurgüterwagen der SZD - Nachfolgebahnen behandeln, Stand 01. 03. 2003
Deutsche Bahn: DS 939 05 - Merkbuch für Schienenfahrzeuge - Güterwagen und Ladeeinheiten. Gültig ab 01.01.2001 (mit Bekanntgaben B 36 und B 37)
Deutsche Bahn, Geschäftsbereich Werke: Modul 984 03 Güterwagen und Container instandhalten - Drehgestelle - gültig ab 01.10.1995
Deutsche Reichsbahn, RAW "Einheit" Leipzig: Aufstellung der im RAW "Einheit" Leipzig gefertigten Drehgestelle, Stand 31. 12. 1990 (2 DIN A 4-Seiten, Slg. Ronald Schürz/pers. Mitteilung Matthias Muschke)
Ochdorf, Knut: Persönliche Mitteilungen
Trostin, E. A.; Litonow, W. N.; Kriworotko, W. M.: Illjustrirownnoe Posobie Osmotrzschiku Wagonov, Moskau, 1971 (Verlag "Transport")
 

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