Güterwagen-Drehgestelle: Three Piece Bogies - Andrews

Version 2.0*.103.1, Stand (inhaltlich): 13. Oktober 2008

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Allgemeines - Deutsche Reichsbahn, Dok.Nr. 0964, 1957 - Rumänische Eisenbahnen (CFR), 1955
 
Andrews-Drehgestell, Werkfoto Gregg, New York   Andrews-Drehgestell
  ("Andrews-type truck")

  Foto: Werkfoto Gregg, New York 
  in: Car Builders Cyclopedia, 19th Edition. 
  Simmons-Boardman Publishing Corporation, 
  New York 1953, Seite 1161


 
  Andrews-Drehgestell, beachte: Dämpferelement
  rechts neben der Schraubenfeder

  verwendet bei offenen 50 t-Güterwagen für die 
  Chilenischen Staatsbahnen
  Foto: Werkfoto Steelcar; New York
  in: Car Builders Cyclopedia, 19th Edition. 
  Simmons-Boardman Publishing Corporation, 
  New York 1953, Seite 1093

Andrews-Drehgestelle können als Mischform von Diamond- und "Bettendorf"-Drehgestellen verstanden werden. Vom "Bettendorf" - oder vielmehr dessen Nachfolgern - stammen die aus Guss-Stahl gefertigten Seitenwangen. Bei diesen Drehgestellen sind jedoch die Achslagergehäuse in die Seitenwangen integriert. Nicht so beim Andrews-Drehgestell: hier sind die Achslagergehäuse - wie beim Diamond-Drehgestell - mit den Seitenwangen verschraubt. Diese Konstruktion bedingt das
charakteristische untere Flacheisen, das die Achslagergehäuse mit dem unteren Bereich der Seitenwangen verbindet.

Zum Austausch der Achsen müssen bei Andrews-Drehgestellen lediglich die Schraubverbindungen gelöst werden, während bei anderen Three Piece Bogies mit angegossenen Achslagergehäusen beide Seitenwangen abgenommen werden müssen:
 
Three Piece Bogie, Seitenwange abgenommen; Werkfoto: Standard Truck Company   Three Piece Bogie, Seitenwange abgenommen

  Foto: Werkfoto Standard Truck Company, 
  Chicago, in: Car Builders Cyclopedia, 
  19th Edition. Simmons-Boardman Publishing 
  Corporation, New York 1953, Seite 975

Andrews-Drehgestelle wurden von nordamerikanischen Bahngesellschaften von 1910 bis in die Dreißigerjahre beschafft. In den Fünfzigerjahren wurden diese Drehgestell vor allem bei Export-Güterwagen verwendet. Ein wichtiges Verkaufsargument für die Andrews-Drehgestelle war, dass die Achslagergehäuse von älteren Diamond-Drehgestellen in den Andrews-Drehgestellen weiterverwendet werden konnten. 

Das Andrews-Drehgestell ist aus mitteleuropäischer Sicht insofern von Bedeutung, als diese Drehgestell-Bauart auch hier in mindestens einer Ausführung Verwendung gefunden hat:

Deutsche Reichsbahn, Dok.Nr. 0964, 1957
 
Drehgestell Bauart 964 (Dok.Nr. 0964) Diamond, Rahmen gegossen, Foto: Sammlung Harald Westermann   Europäisches Andrews-Drehgestell
  Drehgestell Bauart 964 (Dok.Nr. 0964)
  in amtlichen Unterlagen beschrieben als 
  "Diamond-Drehgestell, Rahmen gegossen"

  DR ZZ 8-51-79-61 (Ladegut: Roherdöl)
  Waggonfabrik 23.August Bukarest 1957/58
  Foto (Ausschnitt): Sammlung Harald Westermann

Die Beschreibung dieses Drehgestells als "Diamond, Rahmen gegossen" erscheint zunächst verwunderlich. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Bezeichnung "Andrews" in Europa kaum bekannt gewesen ist. Wäre dieses Drehgestell mit der nach wie vor gängigen Bezeichnung "Bettendorf" beschrieben worden, hätte ich mich vermutlich nicht weiter für diese Bauart interessiert.

Weitere Informationen zum Drehgestell Bauart 964:
Güterwagen-Drehgestelle: Diamond - Rahmen gegossen (BA 964/Dok.Nr. 0964)

Rumänische Eisenbahnen, 1955
 
Rumänisches Andrews-Drehgestell, Foto: Gottfried Wild   Rumänisches Andrews-Drehgestell
  einseitige Bremse

  CFR Kesselwagen (Zaekk) 82 53 774 0 036-1
  Foto: Gottfried Wild, Kronstadt, 2001

Zu diesem Drehgestell und den Wagen unter denen diese Bauart verwendet wurde schreibt Gottfried Wild: "Anfang der Fünfzigerjahre starteten die Rumänischen Eisenbahnen (CFR) ein Programm zur Erneuerung ihres Fahrzeugparks, der nicht nur ein faszinierendes Sammelsurium von Fahrzeugen und Typen darstellte sondern durch zwei Weltkriege auch stark dezimiert war. Das neue Waggonbauprogramm wurde unter sowjetischer Herrschaft und Beratung aufgestellt und die so konstruierten Fahrzeuge wiesen deutliche sowjetische Merkmale auf, so zum Beispiel das Andrews- Drehgestell, auch wenn Konstruktion und Design den rumänischen Ingenieuren unterlag. Der Achsstand betrug standardmäßig 2000 mm. Zu diesem neuen Güterwagen-Fahrzeugpark gehörten kurze und lange Gondolas, Plattformwagen, Selbstentlader, geschlossene Güterwagen und natürlich, Kesselwagen. Alle liefen auf Diamond-Drehgestellen oder gegossenen Three Piece Bogies (Andrews) mit angeschraubten (Gleit-)Achslagergehäusen.
Aus Standardisierungsgründen wurden diese Achslagergehäuse auch bei zweiachsigen Güterwagen oder sogar bei den ebenfalls neu gebauten Schnellzugwagen verwendet. Einige wenige der Andrews-Drehgestelle erhielten später Rollenlager. Bei Kesselwagen wurden ausschließlich Andrews-Drehgestelle verwendet, während die Diamond-Drehgestelle, ebenfalls rumänischer Konstruktion und auch mit 2000 mm Achsstand, gelegentlich unter den geschlossenen Waggons oder den Gondolas, standardmäßig jedoch unter den Plattformwaggons anzutreffen waren.
 
CFR, Gedeckter, vierachsiger Güterwagen mit Andrews-Drehgestellen, Foto: Sammlung Paul Scheller   CFR Gedeckter vierachsiger Güterwagen
  mit Andrews-Drehgestell

  CFR Gv (?) 182134
  Foto: Sammlung Paul Scheller

Der Kesselwagen war die interessanteste Konstruktion, weil selbsttragend, und vollkommen geschweißt. Neben den eindeutig russischen und im weiteren Ursprung amerikanischen Merkmalen, trugen die Kesselwagen serienmäßig das alte Reichsbahn-Bremserhaus in Blechausführung und mit rundem Dach.

Auch wenn das rumänische Andrews-Drehgstell gut durchkonstruiert war, war die Leistung der Bremsanlage scheinbar etwas unterdimensioniert. Man munkelt auch von einem Konstruktionsfehler, in der ursprünglichen, sowjetischen Vorschrift. Dieser Umstand machte sich insbesondere bei beladenen Selbstentladewagen bemerkbar. So war die fehlende Bremsleistung die Ursache eines verheerenden Unfalls im Jahre 1974, als ein Schotterzug am Predeal Pass außer Kontrolle geraten war, die Steigung hinunter donnerte und im Tal einen mit einem Gegenzug zusammenstieß. Der Schotterzug war zur Hälfte aus Selbstentladern gebildet, die auf den besagten Andrews-Drehgestell liefen. Eine kurz danach von der CFR erlassene Vorschrift sah vor, künftig in keinem Zug mehr als zwei beladene Schotterwagen dieses Typs einreihen zu dürfen."

Quellen:
Gottfried Wild: Pers. Mitteilung
Wilson, Jeff: Modeler's guide to freight car trucks (in: Model Railroader, December 2003, Seite 72 - 77) 

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