Güterwagen-Drehgestelle: Gummifeder
Version 4.06.98.1, Stand: 6. April 2017

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Hauptseite - Clouth/Gummirollfeder-Drehgestelle: LHB 64/Clouth - Talbot Rola, BA 690 - Talbot DRRS - DRRS 25 - EFD SS1000 TBT  DBAB Bauart 677 ("Y 31 TTV)
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Grundsätzlich wird auf diesen Seiten von einem sehr engen Drehgestell-Begriff ausgegangen: Rahmen, Federung, Federaufhängung - alles andere ist zunächst nicht von Belang. Und dennoch füllt die Darstellung der Rahmenbauarten, die Beschreibung der Federaufhängung, die Unterscheidung von Trapez-, Parabel- und Schraubenfedern hier Seite um Seite. So scheint es fast eine Selbstverständlichkeit zu sein, dass auch die Federung eines Drehgestells aus keinem anderen Werkstoff gefertigt sein kann als die beiden anderen Hauptkomponenten, aus Stahl.

Tatsächlich stellen bis heute gummigefederte Drehgestelle eine Ausnahmeerscheinung dar – jedenfalls bei Güterwagen des öffentlichen Verkehrs. Und das obwohl Gummi seit vielen Jahren bei der Eisenbahn in vielfältiger Weise verwendet wird, man denke an Gummiwulstübergang, Gummiringfederantrieb, Gummidichtungen an Fenstern, Gummipuffer als Türstopper und vieles mehr. Mehr noch: bei Reisezugwagen, Lokomotiven und Straßenbahnen haben sich Gummifedern seit langem im Betrieb bewährt und sind inzwischen durchaus Standard. In welcher Vielfalt Gummifeder-Elementen heute in diesem Bereich angewandt werden, zeigt anschaulich die Grafik der Firma Gummi Metall Technik, Bühl/Baden, in deren Schienenfahrzeug-Prospekt (als PDF-Download, s. http://www.gmt-gmbh.de/Anwendungsbereiche/Schienenfahrzeuge/)

Dabei waren es keineswegs diese „hochwertigen“ Bereiche, in denen man sich ursprünglich für Alternativen zur herkömmlichen Stahlfeder interessiert hat, wesentliche Impulse für die Erprobung und Erforschung von Gummifedern im Schienenverkehr kamen aus einer Ecke, die man eher dem „heavy metal“-Bereich zuordnen könnte. Nachdem bereits Ende der Dreißigerjahre im Braunkohle-Tagebau versuchsweise Gummifedern zum Einsatz kamen, hat die Bahnbetriebs-Leitung der Braunschweigischen Kohlenbergwerke (BKB) Helmstedt in den Fünfziger- und frühen Sechzigerjahren intensiv unterschiedliche Gummifedersysteme erprobt und fast den gesamten Fuhrpark der elektrischen Förderbahnen (900 mm-Spur, mit deutlich höheren Belastungen als bei Vollbahnen üblich) mit Gummifedern ausgestattet.

 

  Schema-Skizzen verschiedener Gummifedern

  Quelle: Betriebszeitung der Braunschweigischen Kohlenbergwerke (BKB). Ausgabe November 1963, Seite 7
  (Sammlung C. Thomas Wagner)
  (Orginalschaubilder)

Die Bezeichnung Clouth-Federn leitet sich vom Hersteller dieser Federn, der Firma Franz Clouth, Rheinische Gummiwarenfabrik A.-G. Köln-Nippes ab.


  Drehgestell mit Clouth-BKB-Glockenfeder. Zu Kippwagen 512 B.K.B. Tagebau Treue.

  Quelle: SKF
(AB Svenska Kullagerfabriken): Axleboxes (= Publication No. 2720 E / Reg. 832 - 3 VI 71, o. O., 1971)



  Drehgestell mit Clouth-BKB-Gummifeder. BKB Kippwagen 500,

  
Foto: C. Thomas Wagner, Hötensleben ("BKB Freilicht-Museum"), 19. März 2017

Vermutlich wurden ähnliche Überlegungen und Versuche auch andernorts angestellt, insgesamt kann man sicherlich die Fünfzigerjahre als Phase des Forschens und Experimentierens, die Zeit ab 1960 als Phase der allgemeinen Einführung des Materials "Gummi" als Federelement im Schienenfahrzeugbau ansehen.


Hinzuweisen ist an dieser Stelle auf folgende Patentschriften:
Braunschweigische Kohlen-Bergwerke, Helmstedt (Anmelder), Piatscheck, Helmutz (Erfinder): Abfederung für Achslager u. dgl. (DE1074923, angemeldet am 27. Mai 1958)
Braunschweigische Kohlen-Bergwerke, Helmstedt (Anmelder), Piatscheck, Helmutz (Erfinder): Abfederung für Achslager u. dgl. (DE1102500, angemeldet am 25. November 1959, Zusatz zur Patenschrift DE1074923)

Um an dieser Stelle nochmals Missverständnissen vorzubeugen: „Gummi“ wird im Schienenfahrzeugbau als Federungselement nicht nur anstelle konventioneller Blatt- oder Schraubenfedern verwendet. An dieser Stelle seien als Beispiele die Michelin-Triebwagen, spurgeführte Busse und gummigefederte Radscheiben genannt. Diese erinnern an den Unfall in Eschede, 1998, dessen Ursache jedoch weniger das Material als dessen unsachgemäße Wartung war. Ein erfolgreicher Einsatz gummigefederter Radscheiben lässt sich sowohl bei Vollbahnen (Krupp/AEG-Loks E 101, 102 der Zeche Ibbenbüren, schwedische Stangen-Elloks der D-Familie) als auch im Straßen- und Stadtbahnbereich vielfach belegen.

In vielen Anwendungsbereichen gibt es überhaupt keine echte Alternative zum „Gummi“ bzw. zu Kunststoff- oder wissenschaftlicher ausgedrückt Polymer- oder Elastomer-Produkten.

Die nachfolgenden Seiten können nur eine außerordentlich begrenzte, zufällige  Darstellung der Anwendung der Werkstoffes „Gummi“ als Ersatz für Blatt- und Schraubenfedern darstellen. Völlig unterschlagen wird die physikalische Komponente dieses Themas (Weshalb federt Gummi überhaupt?), ebenso wie die Frage nach der Problematik dieses Werkstoffes. Das mag in diesem Zusammenhang entschuldbar sein. Darüberhinaus muss aber auch um Nachsicht gebeten werden, dass die im folgenden vorgestellten Drehgestelle nur einen zufälligen Ausschnitt darstellen und bei allem weitergehenden Bemühen kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird.

Weitere Internet-Seiten mit Bezug zu den hier angesprochenen Themen:
- zur Geschichte der Firma Franz Clouth, Rheinische Gummiwarenfabrik A.-G. Köln-Nippes:
  http://clouth.org/Manfred%20Backhausen.htm
- zu den Schwerlastbahnen der Rheinbraun AG:
  http://www.wisoveg.de/rheinland/vwm/otb-indu/industrie-schwerlast.html
  http://www.railion.com/site/shared/de/dateianhaenge/infomaterial/railion/wissen__anderebahnen__200101.pdf

Quellen:
Wagner, C. Thomas: Persönliche Informationen
Kirschke: BKB-Fahrzeugpark wird auf Glockenfeder umgebaut. (= Betriebszeitung der BKB Helmstedt, November 1959)
Piatschek, Dr.-Ing: Bisherige Erfahrungen an Fördermitteln und Maschinen  in Braunkohlenbetrieben. (= Betriebszeitung der BKB Helmstedt, Oktober 1954)
Piatschek, Dr.-Ing:  Auszug aus Vortrag vor dem Ausschuss Zugförderung des Deutschen Braunkohlen-Industrie-Verein. (= Betriebszeitung der BKB Helmstedt, November 1963)
SKF (AB Svenska Kullagerfabriken): Axleboxes (= Publication No. 2720 E / Reg. 832 - 3 VI 71, o. O., 1971)
weitere Quellen: siehe Folgeseiten
 
 

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