Güterwagen-Drehgestelle: Sonstiges - Drehpfannen

Version 1.02.91.1, Stand 9. April 2013

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Drehpfanne - Daten UIC-Drehpfanne - Zum Begriff "Drehzapfen" - Drehpfannen-Einlage

Grundsätzlich besteht ein Drehgestellwagen aus einem Wagenkasten und zwei Drehgestellen. Dabei sind Drehgestell und Wagenkasten zur Übertragung von Gewichts-, Zug-, Schub- und Spurführungskräften in der Regel mit einem zentralen Gelenk verbunden. Dieses Gelenk muss in Fahrzeuglängsrichtung (x-Ebene) fest, in Fahrzeugquerrichtung (y-Ebene) drehbar sein. Außerdem muss in vertikaler Richtung (z-Ebene) mindestens ein gewisses Spiel gegeben sein, damit Gleisunebenheiten ausgelichen, Steigungsstrecken und Ablaufberge befahren werden können. Etwa ab 1900 lassen sich bei Wagen der preussischen Staatseisenbahnen kugelförmige Gelenke zur Verbindung von Drehgestell und Wagenkasten nachweisen.

Für diese kugelförmigen Gelenke hat sich die Bezeichnung „Drehpfanne“ eingebürgert.

Eine Drehpfanne besteht dabei grundsätzlich aus drei Bauteilen:
a) oberer Drehpfanne (als Bestandteil des Wagenkastens bzw. Wagenuntergestells)
b) untere Drehpfanne (als Bestandteil des Drehgestells) und
c) Drehpfannenbolzen (als zusätzliches Führungs- und Sicherungselement, seinerseits nochmals mit Bügel und Splint gesichert).
 
 
  Standardisierte Drehpfanne für zweiachsige Güterwagen-Drehgestelle (mit eingekammerter Drehpfannen-Einlage) 
   Quelle (bearbeitet): Müller, Lothar: Laufwerke von Eisenbahn-Güterwagen (in: Eisenbahn Ingenieur Kalender 1988), S. 198

Um die Tauschbarkeit der Drehgestelle zu gewährleisten, wurden von der UIC Mitte der 1960er Jahren die Hauptabmessungen und Bezugsmaße der Drehpfanne für zweiachsige Güterwagen-Drehgestelle standardisiert (UIC Merkblatt 510-1, Anlage B; „UIC-Kugeldrehpfanne“; vgl. DB Zeichnung 1Fwg 000.0.04.077.006).

Die Maße der Drehpfanne leiten sich dieser Norm nach von einer gedachten ("virtuellen") Kugel mit 190 mm Radius ab, deren Mittelpunkt (bei 20 t Achsfahrmasse) 925 mm über SO (plus/minus; franz.: „hauteur crapaudine“) liegt. Die Oberkante der unteren Drehpfanne liegt 90 mm tiefer, also auf 835 mm über SO. Die Oberkante der oberen Drehpfanne liegt 45 mm höher, also bei 880 mm über SO - und damit 45 mm unter dem Mittelpunkt der Drehpfannenkugel mit 190 mm Radius.
 
 
UIC-Drehpfanne, Querschnitt; Grafik: Güterwagen-Drehgestelle UIC-Drehpfanne, mit oberer Drehpfanne; Grafik: Güterwagen-Drehgestelle
  UIC Drehpfanne 
  (Radius, Höhe Drehpfannen-Mittelpunkt, Oberkante der unteren Drehpfanne)
  Grafik: Güterwagen-Drehgestelle/Jahn, Grundlage: Zeichnung Y 25 Lsd/UIC
  UIC-Drehpfanne
  (Höhe Drehpfannen-Mittelpunkt,Oberkante der oberen Drehpfanne)
  Grafik: Güterwagen-Drehgestelle/Jahn , Grundlage: Zeichnung  TVP 2007/TaPo

Anmerkungen zu den Grafiken:
Die beiden Darstellungen dienen ausschließlich der Veranschaulichung der Drehpfannen-Maße. Sie können darüberhinaus nicht miteinander verglichen werden, da ihnen unterschiedliche Schnittebenen zu Grund liegen und sie nicht maßstabsgerecht wiedergegeben werden.

Das Richtmaß „925 mm“ über SO („hauteur crapaudine“) bezieht sich auf den (rechnerischen) Mittelpunkt der "Drehpfannenkugel". In Zeichnungen ist jedoch jedoch häufig nur die Höhe der Oberkante der unteren Drehpfanne (also 925 mm - 90 mm) eingezeichnet. Da in Dokumentationen aber mitunter die Höhe der Oberkante der oberen Drehpfanne (880 mm) angegeben ist, kommt es gelegentlich zu Unklarheiten und Missverständnissen.

Die Drehpfannenmaße gelten auch prinzipiell auch für "finnland-fähige" Wagen mit tauschbaren Drehgestellen und Drehpfannen-Verriegelung nach UIC Merkblatt 430-3.

Daten UIC-Drehpfanne
Tabelle Daten UIC-Drehpfanne; (c) Güterwagen-Drehgestelle

Anmerkung:
Die in der Tabelle genannten Maße und Angaben verstehen sich als grobe Orientierungswerte ohne Gewähr. In Bezug auf real existierende oder gebaute Wagen und Fahrzeuge gelten in jedem Fall die entsprechenden Angaben von Hersteller/Werkstatt/Einsteller.

Zum Begriff Drehpfannenbolzen/"Drehzapfen"
Der Begriff "Drehzapfen" taucht in der deutschsprachigen eisenbahntechnischen Literatur fast ausschließlich in Zusammensetzung mit dem Grundwort "-abstand", also: "Drehzapfenabstand" auf. Das damit bezeichnete Maß korreliert mit der Länge über Puffer und dem Achs-/Radstand zweiachsiger Wagen, gibt also (bei Wagen mit 2 Drehgestellen) in Wagenlängsrichtung den Mittenabstand zwischen zwei Drehgestellen, zwischen den Mittelpunkten der beiden Drehpfannen, an.
 
SJ Drehgestell G 56 S, obere Drehpfanne; Foto: Ulf L Eriksson   SJ-Drehgestell G 56 S
  mit Drehkranz und integrierter Bremse, obere Drehpfanne mit 
  Drehpfannenbolzen/Drehzapfen (beachte: entspricht nicht UIC Standard)

   Foto: Ulf L Eriksson, 20. Mai 2005
 

Vermutlich ist der Begriff "Drehzapfenabstand" aus dem anglo-amerikanischen Sprachgebrauch respektive von amerikanischen Drehgestellen abgeleitet: "center pivot pin". Amerikanische Drehgestelle (und deren Ableitungen, beispielsweise russische Drehgestelle) haben eine flache Drehpfanne, auf der ein vertikal ausgerichteter Wellenstummel, also ein "Zapfen" sitzt.
 
 
Drehpfannen mit center pivot pin; Fotos: B. Dahlberg/Slg. H. Heless
  Flache Drehpfanne mit Drehzapfen
  links: "russische Drehpfanne" (DB Umsetz-Drehgestell BA 877 "Y 27 Mukran" DB 5 0125-4 A ; rechts: "amerikanische Drehpfanne ("Bettendorf", entsprechend DB BA 969)

   Foto (Ausschnitt) links: Bengt Dahlbert, Foto (Ausschnitt) rechts: Sammlung Hermann Heless

Die frühen amerikanischen Drehgestelle hatten nachweislich (s. White, John H., S. 434 ff.) noch keinen im "Bolster" verankerten "center pivot pin", selbst in der Darstellung der Teile eines Diamond-Drehgestells aus dem Jahr 1912 ist der "pin" zwar mit abgebildet, aber nicht als Bestandteil aufgeführt. Es ist nicht ganz klar, ob der "pin" fest mit der unteren Drehpfanne verbunden ist.
In der Beschreibung der nach amerikanischen Vorbildern gebauten frühen württembergischen Drehgestelle findet sich in diesem Zusammenhang der Begriff "Reibnagel". In der Beschreibung der 1906 in Mailand ausgestellten Wagen finden sich die synonym verwendeten Begriffe "Dreh- " und "Reibpfanne" sowie "Reibplatte" (= seitliches Gleitstück) und "Drehzapfen".

Drehpfannen-Einlage
Bis Mitte der 1970er Jahre war in Neubauwagen die obere Drehpfanne unmittelbar in der unteren gelagert. In diesem Fall muss die Drehpfanne geschmiert werden. Zu diesem Zweck befindet sich am Wagenuntergestell im Bereich der Drehpfannenträger ein Schmieröl-Behälter.
 
Drehgestell (Minden Dorstfeld) mit Drehpfannen-Schmierung, Foto: Hermann Jahn   Drehpfanne ohne Einlage, geschmiert
  1) Behälter für Drehpfannen-Schmieröl

  Drehgestell-Bauart Minden Dorstfeld
  VTG 33 80 797 7 284-8 , Hameln, 10. Juli 2006

Ab Mitte der 1970er Jahre wurde bei Neubauten (z. B. DB BAen 661.1, 664.1) Drehpfannen mit eingekammerter Kunststoff-Einlage verwendet, die keine Schmierung mehr erfordern. Da aber durch den Kunststoff keine ausreichende elektrische Leitfähigkeit zwischen Wagenkasten und Drehgestell gegeben ist, müssen diese Drehgestelle mittels eines Leiters geerdet werden (Erdungskabel).
 
Drehpfannen, Kunststoff-Einlage, Erdungskabel; Foto: Hermann Jahn   Drehpfanne mit Kunststoff-Einlage
  1) Erdungskabel zwischen Wagenunter- und Drehgestell, bedingt durch Kunststoff-Einlage
   in der Drehpfanne

   Drehgestell-Bauart: Y 25 Lsd 33 RIV 87 F(-NACCO) 780 9 140-9 Zacgns
   Hameln, 30. April 2007

In der Folgezeit wurden auch ältere Drehgestellwagen, die ursprünglich mit einer geschmierten Drehpfanne ausgerüstet waren, mit Drehpfannen-Einlagen, die nicht geschmiert werden müssen, ausgerüstet. Bei diesen Wagen wurden in der Regel die Schmieröl-Behälter entfernt, so dass nur noch Bohrungen (für Behälterhalterung, Schmieröl-Leitung) im Rahmen auf deren früheres Vorhandensein hindeuten.
 
Drehgestelle mit nachträglich eingefügter Kunststoff-Einlage (TTR, Minden Dorstfeld); Fotos: H. Jahn, R. Ossig
  Drehpfanne mit nachgerüsteter Kunststoffeinlage (eingelegt, nicht eingekammert)
  1) Bohrungen für ursprünglich vorhandene Drehpfannenschmierung, 2) Erdungskabel

   links: Drehgestell-Bauart: Talbot Typ R, EVA 33 80 791 5 490-6; Hameln, 29. August 2001, Foto: Hermann Jahn
   rechts: Drehgestell-Bauart: Minden Dorstfeld, Tyzcka 33 80 791 8 390-5; Bebra Rbf, 24. November 2002, Foto: Rudolf Ossig

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