Güterwagen-Drehgestelle: Blechwangen - Böhmen/Mähren/Österreich, ab 1884 (?)

Version 2.03.99.2, Stand (inhaltlich): 7. März 2017 (red.: 3. 5. 2018)

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Blechwangen Hauptseite - Rheinische Eisenbahnen, um 1860 Böhmen/Mähren/Österreich, um 1860 - Böhmen/Mähren/Österreich, ab  1884 (?)Belgien, ab 1863 - Prince Henry Bahn/La Brugeoise 1907 - andere

ÖsterreichE) Fachwerk - Böhmen/Mähren/Österreich, ab 1885 - F) Pressblech-Drehgestell, genietet - Pressblech-Drehgestell, genietet, mit Ausgleichshebeln


Vorbemerkungen - Ausführungsvariante A (1884 ?) - Ausführungsvariante B (1885) - Ausführung C (ab 1889) - Ausführung D (1894) - Datenblatt - Verwendung - Zur Geschichte der Nesselsdorfer Wagenbau-Fabriks-Gesellschaft


Vorbemerkungen

1. Betrachtet man die Entwicklung der Eisenbahnen in Österreich, muss man sich vergegenwärtigen, dass bis zum Ersten Weltkrieg dazu auch Linien gehörten, die heute in Italien, Polen und der Ukraine liegen und dass die im heutigen Tschechien liegenden Bahnen stets besondere Bedeutung hatten. Auch die Streckenlänge der böhmischen, märkischen und österreichisch-schlesischen Bahnen war deutlich größer als die der im heutigen Österreich gelegenen (vgl. Röll), [3, Bd. 7, S. 426 ff]. Und: drei bedeutende Waggonfabriken waren in Böhmen und Mähren angesiedelt: die Staudinger Waggonfabrik, die Nesselsdorfer Wagenbau-Fabriks-Gesellschaft (N.W.F.G.) und die Waggonfabrik F. Ringhoffer in Prag-Smichow. Kataloge belegen, dass Ringhoffer und die N.W.F.G. beim Export und Vertrieb zusammengearbeitet haben. Außerdem wurde das 1880 von Ringhoffer gegründete Konstruktionsbüro [1] hat auch für fremde Auftraggeber gearbeitet und dessen Konstruktionen wurden auch in Nesselsdorf (z. B. für rumänische Niederbordwagen Ls) genutzt. Eine Zuordnung der Konstruktionen ist auch auf Grund fehlender oder mir nicht zugänglicher Quellen oft nicht eindeutig möglich.

2. Das Landesarchiv im tschechischen Opava hat im Jahr 2016 die ab 1892 angefertigten Werkfotos der Nesselsdorfer Wagenbau-Fabriks-Gesellschaft (N.W.F.G) - und ihrer Nachfolgeunternehmen - digitalisiert, online zugänglich gemacht - und damit historisch interessierten Eisenbahnfreunden eine hochinteressante Quelle eröffnet. Von den Werksfotographen wurden vor allem neue Fahrzeuge dokumentiert, teilweise aber auch Versandsituationen, bei denen auch ältere vierachsige Schienenwagen zum Einsatz kamen. Die hervorragende Qualität der Aufnahmen und der Digitalisate gestatten einen differenzierteren Einblick in die Entwicklung der Drehgestelle österreichischer und später tschechoslowakischer Bahnen.
Die im Nachfolgenden gezeigten Grafiken mit dem Logo des Landesarchivs Opava verstehen sich als visuelle Quellenverweise (s. Permalinks). Dabei handelt es sich stets um stark komprimierte und bearbeite Ausschnitte, die qualitativ nicht mit den Originaldateien vergleichbar sind.

3. Die nachfolgende Darstellung soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie auf einzelnen und meist eher zufällig gefundenen Informationen beruht, also aus Puzzleteilen zusammengestückelt ist und nur ein lückenhaft unvollständiges Bild bietet.


Ausführungsvarianten
(soweit bekannt):


Ausführung A (1884 ?):
Achsstand 1600 mm, Seitenwangen-Stehblech im Bereich der Achshalter mit heruntergezogener Unterkante, vorkragenden Kopfquerträger, bogenförmige Ausgleichshebel, außenliegende Verstärkungen der Achsausschnitte, Laufkreis-Durchmesser ? mm,
Baujahr ? (vermutl. vor 1885)



Blechwangen-Drehgestell Ausführungsvariante A, verwendet bei KFNB Ja 71334; Ausschnitt aus Werkfoto N.W.F.G, Aufnahmedatum: 14. 1. 1909;
Quelle: Landesarchiv Opava [2]



Ausführung B (1885):

Achsstand 1800 mm, Seitenwangen-Stehblech (18 mm) mit ebener Unterkante, vorkragenden Kopfquerträger, ebener Ausgleichshebel, außenliegende Verstärkungen der Achsausschnitte, Laufkreis-Durchmesser 1025 mm, - Baujahr 1885


Blechwangen-Drehgestell 1885, Skizze G-D, Grundlage: Ausschnitt aus Werkzeichnung, Slg. Hermann Heless


K.K.St.B. J8 18739, Waggonfabrik F. Ringhoffer, Prag - Smichov, 1885; Werkfoto, Slg. Hermann Heless -
Drehgestell (im bild links) ungebremst, Drehgestell (in Bild rechts) mit Bremsausrüstung.

Geschmiedetes Drehgestell in Kastenform, Achsstand 1800 mm.

Rahmen mit Profilgerüst (U 120 x 55 x 7) und zwei Seitenwangen-Stehblechen (18 mm). Flache Drehpfanne. Achsstand 1800 mm, Laufkreis-Durchmesser 1025 mm, Achsschenkelmittenabstand 1970 mm. Seitenwangen-Stehblechen mit ebener Unterkante, kurzen ovalen Bremsschaulöchern und Ausschnitten zur Achsführung. Außenliegende, vernietete Verstärkungen der Achsausschnitte. Achtlagige Blatttragfedern mit Laschen an geschmiedeten Federböcken und ebenem Ausgleichshebel aufgehängt. Federböcke an den - über die Seitenwangen vorkragenden - Kopfquerträger angeschlagen. Bremse (handbedient, teils nur in einem der beiden Drehgestelle vorhanden) beidseitig wirkend, im geometrischen Mittelpunkt aufgehängt.



Ausführung C (ab 1889):

Achsstand 1800 mm, Seitenwangen-Stehblech (
20 mm) mit ebener Unterkante, langen Bremsschaulöchern, vorkragenden Kopfquerträger, ohne Ausgleichshebel, außenliegende Verstärkungen der Achsausschnitte, Laufkreis-Durchmesser 920 mm, - Baujahr ab 1889


Südbahn J 4501 (mit Drehgestellen Ausführungsvariante C); Quelle: Werkfoto Ringhoffer [4]


Collage Skizze Südbahn Jka (mit Drehgestellen Ausführungsvariante C), Quelle: Skizze 6249, Slg. Hermann Heless



Ausführung D (1894)
:
Achsstand 1840 mm, Seitenwangen-Stehblech (20 mm) mit heruntergezogener Unterkante, nicht vorkragende Kopfquerträger, ohne Ausgleichshebel, innenliegende Verstärkungen der Achsausschnitte. Laufkreis-Durchmesser 1000 mm, - Baujahr 1894


"Nesselsdorfer" Blechwangen-Drehgestell 1894, Collage/Skizze G-D, Grundlage: Werkzeichnung Ringhoffer/CFR

Geschmiedetes Drehgestell in Kastenform, Achsstand 1840 mm.

Rahmen mit Profilgerüst (U 120 x 55 x 7, U 240 x 85 x 10, U 200 x 100 x 15) und zwei Seitenwangen-Stehblechen (20 mm). Kugelförmige Drehpfanne, bogenförmige seitliche Gleitstücke. Achsstand 1840 mm, Laufkreis-Durchmesser 1000 mm, Achsschenkelmittenabstand 1954 mm. Seitenwangen-Stehblechen mit ovalen Bremsschaulöchern und Ausschnitten zur Achsführung, Unterkante zum Anschlag der Achshalterstege heruntergezogen. Innenliegende, blindvernietete Verstärkungen der Achsausschnitte. Zehnlagige Blatttragfedern mit Laschen direkt an geschmiedeten Federböcken aufgehängt. Federböcke an den Seitenwangen angeschlagen. Bei Wagen mit Handbremse: Bremse (in beiden Drehgestellen) beidseitig wirkend, im Schwerpunkt aufgehängt.


Datenblatt

Blechwangen-Drehgestelle - Böhmen/Mähren/Österreich, ab 1884 (?)


Verwendung
(soweit bekannt):
Ausführung A:
- Schienenwagen KFNB Ja 71332 - 71336 (-> Ja 737 802 - 806)

Ausführung B:
- Schienenwagen, K.K.St.B. J8 18736 - 18741
- Privatwagen für Glas (Stelzig, Kittel & Co.), Böhmische Nordbahn, BNB 950 (ohne Bremsschaulöcher)

Ausführung C:
- Niederbordwagen Süd-Bahn. Jka 4501 - 4507 (-> Jka 85401 - 85407, -> Na 395 100, 101)
- Schienenwagen, K.K.St.B. J8 89006 - 89015 (-> Ja 95000 - 95009, Baujahr 1889)

Ausführung D:
- vierachsige Niederbordwagen CFR Ls 70502 - 70522 (ohne Bremse), 70523 - 70550 (mit Bremse)


Zur Geschichte der Nesselsdorfer Wagenbau-Fabriks-Gesellschaft:

(1852         Gründung der Waggonfabrik F. Ringhoffer in Smichov bei Prag)

1853
         Gründung der Kutschenfabrik Ignaz Schustala & Comp. durch Ignaz Schustala d. Ä. (geb.1822) und Adolf Raschka d. Ä. (1825 - 1878) in Nesselsdorf/Mähren

(1880         Ringhoffer gründet ein eigenständiges Konstruktionsbüro)

1881           Eröffnung der Stauding-Stramberger Eisenbahn (St.St.E.B.), Nesselsdorf erhält Anschluss ans Eisenbahnnetz

1882           Aufnahme der Produktion von Eisenbahnwagen in Nesselsdorf

1890
          Hugo Fischer von Röslerstamm (voher Ingenieru bei der KFNB) wird Leiter des Waggonbaus,
                    Umwandung der Firma in die Aktiengesellschaft "Nesselsdorfer Wagenbau-Fabriks-Gesellschaft", soziale Unruhen

1895
          Adolf und Ignaz (d. J.) Schustala verkaufen ihre Anteile an der Nesselsdorfer Wagenbau-Fabriks-Gesellschaft

(1900         Gründung der „Staudinger Waggonfabrik“ durch Adolf Schustala)

um
1906    Veröffentlichung von Waggonkatalogen (offene/gedeckte Güterwagen) durch die Waggonfabrik F. Ringhoffer, Smichov,
                    vermutlich aus Anlass der (Welt-) Ausstellung in Mailand

um 1910     Veröffentlichung eines Exportkataloges, gemeinsam mit Ringhoffer, Smichov, vermutlich aus Anlass der "Internationalen Eisenbahn- und
                    Verkehrsmittel-Ausstellung" in Buenos Aires


19
18           Umbenennung der Nesselsdorfer Wagenbau-Fabriks-Gesellschaft in "Kopřivnická vozovka" (Nesselsdorfer Wagenbau)

1923           Zusammenschluss der Kopřivnická vozovka (Nesselsdorfer Wagenbau) mit der Ringhoffer AG zur „Ringhoffer-Tatra AG“,
                    Umbenennung der Nesselsdorfer Fabrik in „Tatra-Werke“

1951           Einstellung der Produktion von Schienenfahrzeugen in Nesselsdorf/Kopřivnice


Quellen
[1] Wikipedia-Eintrag zum Stichwort "VÚKV/Výzkumný ústav kolejových vozidel" (https://de.wikipedia.org/wiki/VÚKV), abgerufen am 18. 11. 2016,
- Landesarchiv Opava/Zemský archiv v Opavě: Werkfoto-Archiv Nesseldorfer Wagenbau-Fabriks-Gesellschaft
(http://vademecum.archives.cz/vademecum/AppMenu.action, Suchbegiff: „kombinát Kopřivnice“)
[2] http://vademecum.archives.cz/vademecum/permalink?xid=036399AED18A11E5AB77001167D6B623&scan=489
[3] Röll, Victor von (Hrsg): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Zweite, vollständig neu bearbeitete Auflage 1912–1923. Digitalisierte Ausgabe bei Zeno.org (http://www.zeno.org/nid/20011402539)
[4] Ringhoffer F., Smichow: Katalog mit 40 Seiten, davon 6 Seiten Werksbeschreibung (ital./dt./fr.) und 33 Abbildungen. o. O. o. J. (offene Wagen, Nachdruck, Corona, ISBN 978-80-86116-53-2, http://corona-books.sweb.cz/)

- Szécsey István, Villány, György: Ganz - Vas
úti jáművek 1868 - 1919 Railway Vehicles 1868 - 1919. Budapest 2015
- Heless, Hermann: Pers. Informationen, u. a. Ausschnitte aus Werkzeichnung, Werkfoto
- Scheller, Paul: Pers. Informationen
- Wild, Gottfried: Pers. Informationen

Permalinks:
http://vademecum.archives.cz/vademecum/permalink?xid=036399AED18A11E5AB77001167D6B623&scan=489


Für die freundliche Zustimmung zur Nutzung der Ausschnitte aus Fotos des Werkarchivs der Nesselsdorfer Wagenbau-Fabriks-Gesellschaft (N.W.F.G) auf dieser Internet-Seite,
erteilt mit Schreiben vom 16. Februar 2017, danke ich dem Landesarchiv Opava bestens.

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