Inhaltsverzeichnis - Pressblech, geschweißt - Hauptseite - Bauart "Deutz" (mit gerader Oberkante) - Einheitsbauart (mit höckriger Oberkante) - ČSD Bauart 26-2 bis 2.8 - ČSD Bauart 37-2 - Ungarn - nächstes Kapitel - Impressum
Einführung - Vorgeschichte - Bezeichnung - Bauartunterschiede - Bauartnummern
Die Unterscheidung der Drehgestellgattungen
"Geschweißt" und "Pressblech" ist genau genommen nicht ganz eindeutig:
Zum einen wurde ein Teil der "Geschweißten" Drehgestelle mit Seitenwangen
gebaut, die mindestens teilweise gepresst waren, zum anderen wurden die
hier zu behandelden Pressblech-Drehgestellen beim Zusammenfügen der
einzelnen Bauteile geschweißt. In dem ich hier dennoch diese Unterscheidung
mache, folge ich damit dem allgemein üblichen Sprachgebrauch der DV
939 F. Pressblech-Drehgestelle sind demnach Drehgestelle, bei denen die
Bleche der Seitenwangen vollständig und in einem Arbeitsgang durch
Pressen mit Matrize und Stempel verformt wurden. Nachdem in einem vorangehenden
Kapitel bereits die genieteten Pressblech-Drehgestelle dargestellt wurden,
geht es hier um ausschließlich geschweißte Pressblech-Drehgestelle.
Vorgeschichte
Genietete Pressblech-Drehgestelle
wurden in Deutschland zwischen 1911 und 1928 so gut wie ausschließlich
für Schienenwagen gebaut. Deren Anteil am gesamten Wagenbestand war
zwar geradezu verschwindend gering, dennoch waren bis 1928 weit mehr als
10.000 Schienenwagen im Bestand der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft.
Mit diesem Wagenpark konnte, - wie an anderer Stelle bereits darzustellen
versucht wurde - der Transportnachfrage hinreichend entsprochen werden.
Die Weiterentwicklung von
Drehgestellen vollzog sich daher - von Prototypen und mehr oder wenigen,
als Kleinserien gebauten Schienenwagen abgesehen - in Zusammenhang mit
der Entwicklung von Sonderbauarten, insbesondere von Sattelwagen, die dem
damaligen Verständnis nach noch nicht den regulären Güterwagen
zugeordnet waren und daher zunächst auch keinen Eingang in die entsprechenden
Verzeichnisse gefunden hatten.
Nebenbei bemerkt: Die "Schienenwagen" sind zwar in diesen Verzeichnissen (gemeint ist die DV 939 F beziehungsweise deren Vorläufer und frühere Ausgaben) vermerkt - die Bezeichnung "Schienenwagen" erinnert aber daran, dass es sich ursprünglich auch bei diesem Wagen nicht um reguläre, für den öffentlichen Bedarf gedachte Fahrzeuge handelt.
Auch die Entwicklung der
geschweißten Pressblech-Drehgestelle erfolgte nicht in Zusammenhang
mit dem Bau von Regelfahrzeugen, sondern vor allem unter kriegswirtschaftlichen
Aspekten. Die ersten Drehgestelle dieser Art sind 1940 bei Westwaggon in
Köln-Deutz gebaut worden: mit 2,0 m Achsstand für den Schienenwagen
SSla und für Kesselwagen, mit 1,8 m Achsstand für den Panzertransportwagen
SSy (zunächst noch als SSkra bezeichnet).
Ähnlich wie die Lokomotiven
der Baureihen 44, 50 und 86 wurden diese Drehgestelle in der Folgezeit
ab 1943 in einer vereinfachten Kriegsbauart in großen Stückzahlen
hergestellt. Rechnet man die für Flach-, Kesselwagen und Wannentender
benötigten Drehgestelle zusammen, ergibt sich die gewaltige Stückzahl
von weit über 35.000 Pressblech-Drehgestellen, die im wesentlichen
in nur vier Jahren zwischen 1941 und März 1945 gebaut worden sind.
Hier ist nochmals auf den
Begriff "Entwicklung" in Verbindung mit den bisher behandelten Drehgestell-Gattungen
einzugehen: Dieser Begriff ist rein fertigungstechnisch zu verstehen. Eine
lauftechnische Weiterentwicklung der Drehgestelle hat es bis dahin nicht
gegeben - im Gegensatz zu zweiachsigen Güterwagen der Regelbauarten,
die in den Dreißigerjahren zwar auch nur in relativ geringen Stückzahlen
gebaut wurden, deren Laufwerke zum Teil doch auch lauftechnische Verbesserungen
aufwiesen (siehe: Sonstiges:
Schaken).
Bezeichnung
Immer wieder werden die
geschweißten Pressblech-Drehgestelle als "Einheitsbauart" bezeichnet,
obwohl, wie oben bereits angedeutet, diese gar nicht so einheitlich sind.
Vermutlich leitet sich der Begriff "Einheitsbauart" von den seinerzeit
gebauten Drehgestell-Kesselwagen ab. Diese wurden zunächst von zwei
Firmen (Uerdingen und Westwaggon, Köln-Deutz) entwickelt und gebaut
bevor schließlich als Nachfolger beider Bauarten eine sogenannte
"Einheitsbauart" aufgelegt wurde. In der zum Jahreswechsel 1940/41 entstandenen
Zeichnung Fwg 502.04.15 wird das dort dargestellte Drehgestell noch als
"Drehgestell mit gepressten Seitenwangen, Bauart Deutz" bezeichnet. Analog
dazu können die Bezeichnungen "Deutz" und "Einheitsbauart" auch für
die Drehgestelle als Bezeichnungen gebraucht werden.
Bauartunterschiede
Die geschweißten Pressblech-Drehgestelle
unterscheiden sich von den älteren, bis 1928 gebauten, genieteten
Pressblech-Drehgestellen auch durch die Form der Federaufhängung.
Der innere Federbockträger wurde durch zwei einfache Pressblech-Halter
ersetzt, in denen die Federn mittels Bolzen und Laschen (wie bei den Blech
und Winkel-Drehgestellen) aufgehängt sind. Im Bereich des Hauptquerträgers
haben die geschweißten Pressblech-Drehgestelle quadratische Ausschnitte,
seitlich davon befinden sich die Bremsschaulöcher.
Untereinander unterscheiden sich die geschweißten Pressblech-Drehgestelle zum einen hinsichtlich der Achsstände von 2,00 m und 1,80 m. Die Drehgestelle mit 1,8 m Achsstand wurden für Wagen entwickelt, die bei annähernd gleicher Länge wie zweiachsige Wagen wesentlich höhere Tragfähigkeit haben sollten (Panzertransport- und Erzwagen).
Noch augenfälliger als die differierenden Achsstände ist die unterschiedliche Formgebung der Seitenwangen. Sowohl die Drehgestelle mit 2,0 als auch mit 1,8 m Achsstand gibt es mit gerader als auch mit "höckriger" Oberkante der Seitenwange.
Die Drehgestelle mit gerader Oberkante (Bauart "Deutz") sind älteren Datums. Sie waren prinzipiell unter dem Wagen durchdrehbar: das Wagenuntergestell war dazu mit einem Drehkranz ausgerüstet, die Drehgestelle hatten bogenförmige seitliche Gleitstücke, deren Radius dem Drehkranz entsprach. Nach Lösen der Verbindungsketten und gegebenfalls des Bremsgestänges konnten die Wagen so auch Waggon-Drehscheiben mit geringem Durchmesser befahren.
Drehgestelle mit "höckriger"
Oberkante ("Einheitsbauart") sind prinzipiell nicht unter dem Wagen durchdrehbar.
Daher konnte bei den Wagenuntergestellen auf den Drehkranz verzichtet werden.
An seine Stelle traten rechteckige seitliche Gleitstücke, deren Pendants
an den Drehgestellen die gleiche Form aufwiesen. (Allerdings wird auf den
folgenden Seiten deutlich, dass dieser Zusammenhang nur grundsätzlich
gilt, in der Praxis hat es wohl immer wieder Ausnahmen und Sonderfälle
gegeben.)
Aus der Kombination der
Kriterien "Achsstand" und "Seitenwangenform" ergeben sich vier Grundbauarten.
Die in der DV 939 F aufgeführten Versionen lassen sich - mit Ausnahme
der früheren Tenderdrehgestelle - einer dieser vier Bauarten zuordnen.
Bauartnummern
Die Bezeichnung der Unterbauarten
(beispielsweise "975.1") entspricht auf den folgenden Seiten grundsätzlich
der Abfolge der DV 939 F. Bei der Bauart 977 werden jedoch die Unterbauarten
als "977 a", "977 b" ff. bezeichnet, um um Überschneidungen mit den
im Modul 984 03 verwendteten Bezeichnungen zu vermeiden.
Im Modul 984 03 wird bei
den Drehgestellen der Bauart 977 zum einen zwischen einer Bauform 1 (9771.)
und einer Bauform 2 (977.2) unterschieden. Angeblich wurden Drehgestelle
beider Unterbauarten AK-fähig (Automatische Kupplung/Mittelpufferkupplung)
umgebaut und als Unterbauarten "977.3" und "977.4" geführt. Unklar
ist, welche Unterschiede zwischen Bauform 1 und 2 bestehen (Bauart "Deutz"/"Einheitsbauart"?).
Ferner sie darauf hingewiesen,
dass in älteren ostdeutschen Unterlagen die geschweißten Pressblech-Drehgestelle
mit 2,0 m Achsstand als Bauart 977/2 ("Einheitsbauart", bei DB Bauart 925)
und 977/3 (Bauart "Deutz", bei DB Bauart 975) geführt wurden. In späteren
Verzeichnissen erhielten diese Drehgestelle die Gattungsnummern 8601 (Bauart
"Deutz"), 8602 ("Einheitsbauart") und 8603 (Bauart "Deutz").
Quellen:
Deutsche Bahn, Geschäftsbereich
Werke: Modul 984 03 Güterwagen und Container instandhalten - Drehgestelle
- gültig ab 01.10.1995
Deutsche Bundesbahn, Arbeitsgemeinschaft
für Ausbildungshilfsmittel: Wagenkunde (= Eisenbahn-Lehrbücherei
der Deutschen Bundesbahn, Heft 170). Starnberg 1954
Deutsche Bundesbahn: Merkbuch
für die Schienenfahrzeuge der Deutschen Bundesbahn. Güterwagen.
Band 2. DV 939 F, Januar 1967 und nachfolgenden Berichtigungen (bis
B 12)
Deutsche Bundesbahn: Merkbuch
für die Fahrzeuge der Reichsbahn/Deutschen Bundesbahn. IV. Wagen (Regelspur)
DV 939d, Teil A, Ausgabe 1948 (Nachdruck)
Deutsche Bundesbahn, Zentralstelle
Technik (Hrsg.): Die Güterwagen im Maßstab 1 : 100 - Stand 1950.
Nachdruck anläßlich des 150jährigen Jubiläums der
deutschen Eisenbahnen 1985. Mainz.
Deutsche Reichsbahn, RAW
"8. Mai" Eberswalde: Aufstellung der im RAW "8. Mai" Eberswalde beheimateten
Drehgestelle (ohne Ort, ohne Jahrgang)
Deutsche Reichsbahn, VES-W
Delitzsch, Fachgruppe S: Zusammenstellung der Wagen und Drehgestellgattungsnummern,
DS 999 19, 8. Ausgabe, gültig vom 1. 1. 1970
Deutsche Reichsbahn, Reichsbahn
-Zentralamt Berlin, Dezernat 28: Die Güterwagen der Regelbauart -
Übersichtszeichnungen. Berlin 1945 (Originalzeichnungen auf CD-ROM,
Herausgeber und Vertrieb: Schiffer, Viktor; Wuppertal und Janssens, Luc;
Lier - Belgien)
Driesch, Peter: Persönliche
Mitteilungen
Driesch, Peter: Die Leichtbaukesselwagen
der UERDINGER, DEUTZER und Einheitsbauart, Teil I bis V. (in: Güterwagen-Correspondenz
8, 4/89, S. 63 - 68; Güterwagen-Correspondenz 9/10, 5/89, S. 85 -
89; Güterwagen-Correspondenz 12/13, 1/1990, S. 2 - 9; Güterwagen-Correspondenz
14/15, 2/1990, S. 30 - 35; Güterwagen-Correspondenz 16, 3/1990,
S. 60 - 63)
Köpke, Ludwig: Leichtkesselwagen
(in: Glasers Annalen, Heft 20 vom 15. Oktober 1940. S. 207 bis 212)
Österreichische Bundesbahnen:
Dienstbehelf 832/4. Übersicht über die Drehgestellbauarten in
vierachsigen normalspurigen ÖBB-Wagen. Teil 3: Güterwagen. Ausgabe
1979 (Sammlung Hermann Heless)
Österreichische Bundesbahnen,
GD Ref. IV/1: Beilage zum Dienstbehelf 802. Verzeichnis der normalspurigen
ÖBB-Güterwagen-Drehgestelltypen. Ausgabe Mai 1965 (Sammlung Hermann
Heless)