Inhaltsverzeichnis - Parabelfeder-Hauptseite - WU 74 (DB BA 666, 665 - P66) - LHB 78 (DB BA 565 u. a. - P78) - LHB 82 (DB BA 650 ff - P65) - WU 83 (DB BA 640 ff - P64) - TTR 86 (DB BA 095 - P95) - nächstes Kapitel - Impressum
Entwicklungsgeschichtliche Hintergründe - visuelle und konstruktive Merkmale - Ausführungsvarianten - Daten
Verwandtes Thema: Dreiachsige,
Langschaken/Parabelfeder P78
1. Entwicklungsgeschichtliche
Hintergründe
In Zusammenhang mit der
geplanten Einführung der automatischen Kupplung (AK) wurde von der
UIC neben dem Minden Siegen-Drehgestell auch das Y 25-Drehgestell als Standard-Drehgestelle
als Nachfolger des bisherigen UIC Standard-Drehgestells mit 2,0 m Achsstand
zugelassen. Da diesen beiden Drehgestellen generell unterschiedliche Laufwerkskonzepte
zugrunde liegen, ergab sich eine bis in die 1990er Jahre anhaltende Diskussion,
in der es vor allem um vier Hauptaspekte ging: a) Radsatzführung (starr
- radial einstellbar), b) Federung (Schraubenfedern - Blattfedern), c)
Verwindungseigenschaften und d) zweistufige Federwirkung.
In der ersten Hälfte
der 1970er Jahre haben mehrere westdeutsche Hersteller (Talbot, LHB) versucht,
durch die lauftechnischen Optimierung des Y 25-Drehgestells Antworten auf
diese Fragen zu finden. Linke Hofmann Busch entwickelte in diesem Zusammenhang
ein Drehgestell, bei dem ein an das Y 25 eng angelehnter Rahmen mit Radsatzführungen,
die eine radiale Einstellbarkeit der Radsätze zu ließen, ausgestattet
war (DB Bauart 684, s. Y
25 - Bauart Y 25 (Y 27) mit radial einstellbaren Radsätzen).
Nach erfolgreicher Prüfung dieses Drehgestells wurden 16 Wagen der
Gattung Uais 732 und 100 Wagen der Gattung Fals 175 mit diesen Drehgestellen
ausgerüstet.
Besonders umstritten war
die Art der Federung. Blattfedern sprechen aufgrund der Reibung zwischen
den Federblättern auf hochfrequente Schwingungen nicht oder nur geringfügig
an, Schraubenfedern erfordern ein zusätzliches Element zur Schwingungsdämpfung.
Als sich abzuzeichnen begann, dass Parabelfeder-Drehgestelle den gestellten
Anforderungen entsprechen konnten, versiegte zunächst schnell das
Interesse an einer Fortführung dieser LHB-Entwicklung (DB BA 684).
Um Aufträge ausländischer
Bahnverwaltungen und privater Einsteller mit eigenen Drehgestellen bedienen
zu können, hat LHB das hauseigene Drehgestell in der Ausführung
LHB 77 zu einem Parabelfeder weiterentwickelt.
(Top)
2. Visuelle und konstruktive Merkmale
Drehgestell Bauart
LHB 78 (DB BA 586, Doppelbremsklötze)
VTG Druckgas-Kesselwagen
33 80 781 3 324-0
|
Vorgänger-Bauart
LHB 77 (Trapezfeder, vgl.
Ausführung der Seitenwange, Federböcke) VTG Zagkks 33
80 791 2 120-2
|
In ihrem Erscheinungsbild
ähneln sich das LHB 78 und sein Vorgänger LHB 77 nur bedingt,
so das die Verwandschaft dieser Drehgestell-Bauarten auf den ersten Blick
nicht besonders augenfällig ist. Das LHB 77 ist durch die großen
Bremsschaulöcher und dem auch wegen des hohen Anschlags der Schakenaufhängung
markanten inneren Federbock geprägt. Beim LHB 78 sind die Bremsschaulöcher
- die wie die Augen eines Gesichtes das Erscheinungsbild wesentlich ausmachen
- kleiner und anders geformt, der innere Federbock ist deutlich niedriger.
Die Schubgurte lassen das LHB 78 gestreckter erscheinen. Die steiler gestellten
Federschaken und die negativ vorgesprengten Parabelfedern rufen einen Eindruck
von fast grimmiger Entschlossenheit hervor - demgegenüber das LHB
77 insgesamt eher behäbig wirkt. Technisch mag so eine Betrachtsungsweise
bedeutungslos erscheinen, aber sie wirft auch ein Licht auf die Intentionen
und die Herangehensweise der Konstrukteure, die ob gewollt oder nicht eben
auch Designer sind.
Drehgestell Bauart
LHB 78 (DB BA 586, Doppelbremsklötze)
Quelle:
|
Vergleicht man die Drehgestelle
LHB 77 und LHB 78 fallen sowohl Entsprechungen als auch Unterschiede auf.
Vom LHB 77 übernommen
wurde die konstruktive Grundform des Rahmens und der Seitenwangen. Auf
Grund der negativen Vorsprengung und der geringeren Bauhöhe der Parabelfedern
wurde der Anschlag der Schaken am Rahmen tiefer gelegt. Beibehalten wurden
auch die konventionellen Langschaken, die jedoch zur Einschränkung
des Längsspiels steiler gestellt sind (ca. 75 Grad gegenüber
der Schienenoberkante statt wie bisher 60 Grad). Die Achshalter sind wie
bei den Vorgängerausführungen durch geschmiedete Teile verstärkt,
die Verstärkungen im Untergurtbereich optimieren die Überleitung
der Seitenkräfte der Achslagerführung in den Hauptquerträger
und damit in die Drehpfanne. Die großflächigen Bremsschaulöcher
mussten verkleinert werden, dabei konnte auf aber auf die Verstärkung
der Kanten verzichtet werden. Die in den Seitenwangen erforderlichen Eintauchbereiche
für die Federaufhängung wurde der veränderten Geometrie
angepasst. Die beibehaltene Ausführung der röhrenförmigen
Kopfquerträger lässt darauf schließen, dass man in Salzgitter
besonders verwindungsweich konzipierter Drehgestellrahmen nach wie vor
skeptisch gegenüber stand.
(Top)
3. Ausführungsvarianten
Im Modul 984 03 werden drei
Ausführungen dieses Drehgestells unterschieden: a) BA 565 - LHB 78
mit Einfachbremsklötzen, b) BA 586 - LHB 78.1 mit Doppelbremsklötzen,
c) BA 587 - LHB 78.2 mit Doppelbremsklötzen und Wiegeventil. Das nachfolgende
Foto belegt außerdem die Existenz einer bei der Deutschen Bundesbahn
eingestellten Ausführung des LHB 78 mit Drehpfannenverriegelung.
Drehgestell Bauart
LHB 78 s vr
(mit Drehpfannenverriegelung nach UIC 430-3, Einfachbremsklötzen) Werkfoto LHB |
Parabelfeder-Drehgestell
LHB 78.2 (BA 587, Doppelbremsklötze, Wiegeventil) (VTG Zacns 33 80 792 9 034-6, Hameln, 29. Mai 2001, ID 186.20A) |
Beim oben abgebildeten Drehgstell ist der Geber für das Wiegeventil rechts am mittleren Federbock angeschlagen, es wird also die Belastung des äußeren Radsatzes ausgewertet. Bei Y 25-Drehgestellen und bei den Parabelfeder-Drehgestellen der zweiten Generation wird die Belastung des inneren Radsatzes ausgewertet.
Alternativ kann das Wiegeventil - wie insbesondere von skandinavischen Bahnverwaltungen lange präferiert - auch über ein am inneren Federbock angeschlagenes Gelenk angelenkt werden.
Drehgestell Bauart
LHB 78.2 SJ
hydraulisches Wiegeventil auf innerem Kopfquerträger sitzend, über Gelenkarme angesteuert 33 80 D-TWA 274 7 048-7 Habiills 68 (ex SJ 278 8 088, AGEVE, 1985), Ringsted, 29. Januar 2011, Fotos: Per Topp Nielsen |
Eine dritte Alternative ist
die Ansteuerung des Wiegeventils über einen Geber am Radsatzlager-Gehäuse.
Parabelfeder-Drehgestell
LHB 78
Ansteuerung des Wiegeventils über Geber am Radsatzlager-Gehäuse vgl. Bauart LHB 78 v BR (Aufnahme von Philpp Zipf) Quelle:
Linke-Hofmann-Busch
Waggon-Fahrzeug-Maschinen
|
Für Wagen, die bei den
British Railways eingestellt wurden, mussten die Parabelfedern mit Reibungsklammern
versehen werden.
Drehgestell Bauart
LHB 78 v BR
Reibungsklammern an den Parabelfedern, Wiegeventil auf der anderen Seite, zugelassen von der British Railway Foto: Rolf D. Rose, Braunschweig |
Drehgestell Bauart
LHB 78 v BR
Reibungsklammern an den Parabelfedern und Wiegeventil, zugelassen von der British Railway Wagennummer:
33 70 089 9 065-3
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Zur Funktion der Reibungsklammern
siehe Parabelfeder-Hauptseite,
unten.
(Top)
Daten
Parabelfeder-Drehgestell | LHB 78.1 (DB BA 586) |
Zeichnungsnummer | 2 17098.0 MSP.B |
Spurweite | 1435 mm |
Achsstand | 1800 mm |
Bauart der Radsätze | BA 002 |
Bauart der Radsatzlager | BA 081 |
größte zulässige Radsatzlast | 22,5 t |
maximaler Laufkreis-Durchmesser | 920 mm |
minimaler Laufkreis-Durchmesser | 858 mm |
Querspiel der Radsätze | ± 23 mm |
Längsspiel der Radsätze | ± 6 mm |
Achsschenkelmittenabstand | 2000 mm |
Oberkante der oberen Drehpfanne über SO | 880 mm |
Ausführung der Gleitstücke | fest |
Gleitstück-Oberkante über SO | 900 mm |
Gleitstück-Mittenabstand | 1700 mm |
Parabel-Tragfedern (zweistufig, 1 Fwg 665.0.02.020.001) | neg. vorgesprengt |
Augenabstand/gestreckte Länge | 1200 mm |
Anzahl der Federblätter | 4 + 1 Stück |
Federblattbreite | 120 mm |
Bremsklötze | Bgu |
Höchstgeschwindigkeit (abhängig von der Wagenbauart) | 120 km/h |
Durchschnittsgewicht (incl. Radsätze, Bremse) | 4700 kg |
erstes Baujahr | 1978 |
Anmerkung: die kursiv gesetzten Werte basieren nicht auf Angaben aus den mir vorliegenden Quellen, sondern erschließen sich aus der Tauschbarkeit der Drehgestelle und ihrer Bauteile. Dabei sind die angegebenen Werte für das Längsspiel und den minimalen Laufkreisdurchmesser besonders fraglich.