Güterwagen-Drehgestelle: Parabelfeder - LHB 78 (DB BA 565 u. a. - P78)
Version 3.01.96.1, Stand (Inhalt): 8. Februar 2011

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Entwicklungsgeschichtliche Hintergründe - visuelle und konstruktive Merkmale - Ausführungsvarianten - Daten

Verwandtes Thema: Dreiachsige, Langschaken/Parabelfeder P78


1. Entwicklungsgeschichtliche Hintergründe

In Zusammenhang mit der geplanten Einführung der automatischen Kupplung (AK) wurde von der UIC neben dem Minden Siegen-Drehgestell auch das Y 25-Drehgestell als Standard-Drehgestelle als Nachfolger des bisherigen UIC Standard-Drehgestells mit 2,0 m Achsstand zugelassen. Da diesen beiden Drehgestellen generell unterschiedliche Laufwerkskonzepte zugrunde liegen, ergab sich eine bis in die 1990er Jahre anhaltende Diskussion, in der es vor allem um vier Hauptaspekte ging: a) Radsatzführung (starr - radial einstellbar), b) Federung (Schraubenfedern - Blattfedern), c) Verwindungseigenschaften und d) zweistufige Federwirkung.
In der ersten Hälfte der 1970er Jahre haben mehrere westdeutsche Hersteller (Talbot, LHB) versucht, durch die lauftechnischen Optimierung des Y 25-Drehgestells Antworten auf diese Fragen zu finden. Linke Hofmann Busch entwickelte in diesem Zusammenhang ein Drehgestell, bei dem ein an das Y 25 eng angelehnter Rahmen mit Radsatzführungen, die eine radiale Einstellbarkeit der Radsätze zu ließen, ausgestattet war (DB Bauart 684, s. Y 25 - Bauart Y 25 (Y 27) mit radial einstellbaren Radsätzen). Nach erfolgreicher Prüfung dieses Drehgestells wurden 16 Wagen der Gattung Uais 732 und 100 Wagen der Gattung Fals 175 mit diesen Drehgestellen ausgerüstet.
Besonders umstritten war die Art der Federung. Blattfedern sprechen aufgrund der Reibung zwischen den Federblättern auf hochfrequente Schwingungen nicht oder nur geringfügig an, Schraubenfedern erfordern ein zusätzliches Element zur Schwingungsdämpfung. Als sich abzuzeichnen begann, dass Parabelfeder-Drehgestelle den gestellten Anforderungen entsprechen konnten, versiegte zunächst schnell das Interesse an einer Fortführung dieser LHB-Entwicklung (DB BA 684).

Um Aufträge ausländischer Bahnverwaltungen und privater Einsteller mit eigenen Drehgestellen bedienen zu können, hat LHB das hauseigene Drehgestell in der Ausführung LHB 77 zu einem Parabelfeder weiterentwickelt.
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2. Visuelle und konstruktive Merkmale
Drehgestell Bauart LHB 78 (586), Seitenansicht; Foto: Hermann Jahn zum Vergleich: Vorgänger-Bauart LHB 77 (Trapezfedern)
  Drehgestell Bauart LHB 78 (DB BA 586, Doppelbremsklötze)

   VTG Druckgas-Kesselwagen 33 80 781 3 324-0
   Hameln, 5. März 2001, Foto: Hermann Jahn

  Vorgänger-Bauart LHB 77 (Trapezfeder, vgl.
  Ausführung der Seitenwange, Federböcke)

   VTG Zagkks 33 80 791 2 120-2
   Hameln,  20. April 1999, Foto: Hermann Jahn 

In ihrem Erscheinungsbild ähneln sich das LHB 78 und sein Vorgänger LHB 77 nur bedingt, so das die Verwandschaft dieser Drehgestell-Bauarten auf den ersten Blick nicht besonders augenfällig ist. Das LHB 77 ist durch die großen Bremsschaulöcher und dem auch wegen des hohen Anschlags der Schakenaufhängung markanten inneren Federbock geprägt. Beim LHB 78 sind die Bremsschaulöcher - die wie die Augen eines Gesichtes das Erscheinungsbild wesentlich ausmachen - kleiner und anders geformt, der innere Federbock ist deutlich niedriger. Die Schubgurte lassen das LHB 78 gestreckter erscheinen. Die steiler gestellten Federschaken und die negativ vorgesprengten Parabelfedern rufen einen Eindruck von fast grimmiger Entschlossenheit hervor - demgegenüber das LHB 77 insgesamt eher behäbig wirkt. Technisch mag so eine Betrachtsungsweise bedeutungslos erscheinen, aber sie wirft auch ein Licht auf die Intentionen und die Herangehensweise der Konstrukteure, die ob gewollt oder nicht eben auch Designer sind.
 
Drehgestell Bauart LHB 78 (DB BA 586) ;  Skizze: Hermann Jahn, auf Grundlage einer LHB-Zeichnung   Drehgestell Bauart LHB 78 (DB BA 586, Doppelbremsklötze)

   Quelle:
   Hermann Jahn, auf Grundlage einer LHB-Skizze

Vergleicht man die Drehgestelle LHB 77 und LHB 78 fallen sowohl Entsprechungen als auch Unterschiede auf.
Vom LHB 77 übernommen wurde die konstruktive Grundform des Rahmens und der Seitenwangen. Auf Grund der negativen Vorsprengung und der geringeren Bauhöhe der Parabelfedern wurde der Anschlag der Schaken am Rahmen tiefer gelegt. Beibehalten wurden auch die konventionellen Langschaken, die jedoch zur Einschränkung des Längsspiels steiler gestellt sind (ca. 75 Grad gegenüber der Schienenoberkante statt wie bisher 60 Grad). Die Achshalter sind wie bei den Vorgängerausführungen durch geschmiedete Teile verstärkt, die Verstärkungen im Untergurtbereich optimieren die Überleitung der Seitenkräfte der Achslagerführung in den Hauptquerträger und damit in die Drehpfanne. Die großflächigen Bremsschaulöcher mussten verkleinert werden, dabei konnte auf aber auf die Verstärkung der Kanten verzichtet werden. Die in den Seitenwangen erforderlichen Eintauchbereiche für die Federaufhängung wurde der veränderten Geometrie angepasst. Die beibehaltene Ausführung der röhrenförmigen Kopfquerträger lässt darauf schließen, dass man in Salzgitter besonders verwindungsweich konzipierter Drehgestellrahmen nach wie vor skeptisch gegenüber stand.
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3. Ausführungsvarianten
Im Modul 984 03 werden drei Ausführungen dieses Drehgestells unterschieden: a) BA 565 - LHB 78 mit Einfachbremsklötzen, b) BA 586 - LHB 78.1 mit Doppelbremsklötzen, c) BA 587 - LHB 78.2 mit Doppelbremsklötzen und Wiegeventil. Das nachfolgende Foto belegt außerdem die Existenz einer bei der Deutschen Bundesbahn eingestellten Ausführung des LHB 78 mit Drehpfannenverriegelung.
 
Drehgestell Bauart LHB 78 svr; Werkfoto Linke Hofmann Busch   Drehgestell Bauart LHB 78 s vr
  (mit Drehpfannenverriegelung nach UIC 430-3, Einfachbremsklötzen)

  Werkfoto LHB


 
Drehgestell Bauart LHB 78 (DB BA587) mit Wiegeventil, Foto: Hermann Jahn   Parabelfeder-Drehgestell LHB 78.2 (BA 587, Doppelbremsklötze,
  Wiegeventil)

   (VTG  Zacns 33 80 792 9 034-6, Hameln, 29. Mai 2001, ID 186.20A)

Beim oben abgebildeten Drehgstell ist der Geber für das Wiegeventil rechts am mittleren Federbock angeschlagen, es wird also die Belastung des äußeren Radsatzes ausgewertet. Bei Y 25-Drehgestellen und bei den Parabelfeder-Drehgestellen der zweiten Generation wird die Belastung des inneren Radsatzes ausgewertet.

Alternativ kann das Wiegeventil - wie insbesondere von skandinavischen Bahnverwaltungen lange präferiert - auch über ein am inneren Federbock angeschlagenes Gelenk angelenkt werden.

Drehgestell Bauart LHB 78 SJ mit über Gelenkarme angesteuertem Wiegeventil; Fotos: Per Topp Nielsen
  Drehgestell Bauart LHB 78.2 SJ
  hydraulisches Wiegeventil auf innerem Kopfquerträger sitzend, über Gelenkarme angesteuert

  33 80 D-TWA 274 7 048-7 Habiills 68 (ex SJ 278 8 088, AGEVE, 1985), Ringsted, 29. Januar 2011, Fotos: Per Topp Nielsen

Eine dritte Alternative ist die Ansteuerung des Wiegeventils über einen Geber am Radsatzlager-Gehäuse.
 
Drehgestell Bauart LHB 78 mit über das Radsatzlager-Gehäuse angesteuertem Wiegeventil; Zeichnung: LHB   Parabelfeder-Drehgestell LHB 78
  Ansteuerung des Wiegeventils über Geber am Radsatzlager-Gehäuse
  vgl. Bauart LHB 78 v BR (Aufnahme von Philpp Zipf) 
 

   Quelle: Linke-Hofmann-Busch Waggon-Fahrzeug-Maschinen
   GmbH: Prospektblatt "Standard-Güterwagendrehgestell 
   LHB 82 s, ss, sd, sdi mit Lenkradsätzen 22,5 t,
   DB Bauartreihe 650, 651, 652, 653, 654". Salzgitter 1985

 

Für Wagen, die bei den British Railways eingestellt wurden, mussten die Parabelfedern mit Reibungsklammern versehen werden.
 
Drehgestell Bauart LHB 78 v BR; Foto Rolf D. Rose   Drehgestell Bauart LHB 78 v BR
  Reibungsklammern an den Parabelfedern,
  Wiegeventil auf der anderen Seite, zugelassen von der British Railway

  Foto: Rolf D. Rose, Braunschweig


 
Drehgestell Bauart LHB 78 v BR; Foto: Philipp Zipf   Drehgestell Bauart LHB 78 v BR
  Reibungsklammern an den Parabelfedern und Wiegeventil,
  zugelassen von der British Railway

  Wagennummer: 33 70 089 9 065-3
   Foto: Philipp Zipf, 9. November 2003

Zur Funktion der Reibungsklammern siehe Parabelfeder-Hauptseite, unten.
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Daten
 Parabelfeder-Drehgestell   LHB 78.1 (DB BA 586)
  Zeichnungsnummer    2 17098.0 MSP.B
  Spurweite   1435 mm
  Achsstand   1800 mm
  Bauart der Radsätze   BA 002
  Bauart der Radsatzlager   BA 081
  größte zulässige Radsatzlast   22,5 t
  maximaler Laufkreis-Durchmesser   920 mm
  minimaler Laufkreis-Durchmesser   858 mm
  Querspiel der Radsätze   ± 23 mm 
  Längsspiel der Radsätze   ± 6 mm
  Achsschenkelmittenabstand   2000 mm
  Oberkante der oberen Drehpfanne über SO    880 mm
  Ausführung der Gleitstücke   fest 
  Gleitstück-Oberkante über SO   900 mm
  Gleitstück-Mittenabstand   1700 mm
  Parabel-Tragfedern (zweistufig, 1 Fwg 665.0.02.020.001)   neg. vorgesprengt
    Augenabstand/gestreckte Länge   1200 mm
    Anzahl der Federblätter    4 + 1 Stück
    Federblattbreite   120 mm
  Bremsklötze   Bgu
  Höchstgeschwindigkeit (abhängig von der Wagenbauart)   120 km/h
  Durchschnittsgewicht (incl. Radsätze, Bremse)   4700 kg 
  erstes Baujahr   1978

Anmerkung: die kursiv gesetzten Werte basieren nicht auf Angaben aus den mir vorliegenden Quellen, sondern erschließen sich aus der Tauschbarkeit der Drehgestelle und ihrer Bauteile. Dabei sind die angegebenen Werte für das Längsspiel und den minimalen Laufkreisdurchmesser besonders fraglich.

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